Ein Gerichtsprozess steht und fällt mit den vorgetragenen Informationen über den Sachverhalt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat sich mit der Verwertbarkeit von unrechtmäßig erlangten Informationen auseinandergesetzt.
Die Klägerin forderte von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 46.000,-€. Die Beklagte war früher bei der Klägerin angestellt gewesen. Irgendwann schöpfte die Klägerin Verdacht, dass ihre Angestellte Firmeneigentum in eigenem Namen online verkaufte.
Die Arbeitgeberin fasste kurzerhand den Entschluss, sich Zugang zu dem eBay-Account der Angestellten zu verschaffen. Dort wurde sie fündig. Ihr Verdacht hatte sich bestätigt; die Beklagte hatte tatsächlich Firmeneigentum veräußert.
Umstritten war bis zuletzt, wie genau die Arbeitgeberin an das Passwort zu dem Account gekommen war.
Solche Fälle führen vor Gericht in gewissermaßen zu einer Zwickmühle. Aufgrund bestimmter rechtlicher Wertungen darf ein Beweis unter Umständen nicht beachtet werden. Das ist allerdings eine Ausnahme, die nur ausnahmsweise in engen Fallgestaltungen gilt. Im Strafprozess ist es etwa der Fall, wenn in einer Vernehmung der Polizist, Staatsanwalt oder Richter die Beschuldigte nicht ordnungsgemäß über ihre Rechte belehrt. Im Zivilprozess, zu dem auch der arbeitsgerichtliche Prozess zählt, existieren ähnliche Erwägungen.
Ein Landesarbeitsgericht hält sich üblicherweise an die Rechtsprechung der höheren Instanz. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ließ in der Vergangenheit die Verwertbarkeit von Beweisen auch dann zu, wenn diese auf datenschutzrechtswidrigem Wege erlangt worden waren. (BAG, Az. 2 AZR 296/22)
Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hielt sich an diesen Tenor, als er entschied, dass auch rechtswidrig erlangte Aufzeichnungen durch Dashcams verwertbar sind. (Az.: VI ZR 233/17)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) findet in der Behandlung solcher Fälle allerdings eigene Maßstäbe. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) soll laut diesem für die Gerichte entscheidend sein. Außerdem sollten nationale Regelungen zur Datenverarbeitung klar, präzise und bindend sein.
Das LAG erhob mit der Weitergabe des Falles an den EuGH Zweifel an den bisherigen - nationalen - Erwägungen in solchen Fällen. Üblicherweise war stets § 29 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entscheidend. Auch hätte die Klägerin dokumentierte Anhaltspunkte für die Annahme einer Straftat vorbringen müssen und die Einsicht in einen privaten Account verhältnismäßig gewesen sein.
Gerade mit Hinblick auf die BDSG sah es das LAG als zweifelhaft, ob diese zu genüge klar, präzise und bindend seien. Diese enthalten nämlich keine Regelung, wie in einem Prozess mit zu Unrecht erlangten Informationen umgegangen werden darf bzw. muss.
Abzuwarten ist damit die Entscheidung des EuGH, über die wir rechtzeitig informieren!