Wer trägt in einem streitigen Erbscheinsverfahren die Kosten?

8. Mai 2024
Geschrieben von: Henrik Noszka

Oftmals haben die Beteiligten eines Erbscheinsverfahrens vor dem Nachlassgericht keinerlei Ahnung, wer die Prozesskosten trägt und wonach sich dies bestimmt. Doch gerade in einem solchen Verfahren können, aufgrund von meist hohen Streitwerten und möglichen Vernehmungen oder Gutachten, erhebliche Kosten entstehen. Es ist daher durchaus von Vorteil bereits vor Beginn des Verfahrens einen Überblick über die möglicherweise anfallenden Kosten zu haben. Im Folgenden möchten wir Ihnen die Systematik der Kostenverteilung daher überblicksartig erläutern.

Richterliches Ermessen – Einzelfallentscheidung

Im Erbscheinsverfahren gilt nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit („FamFG“) der Ermessensgrundsatz. Das bedeutet, dass das Nachlassgericht stets im Einzelfall abwägt, ob es überhaupt über die Kostenverteilung entscheidet und wenn ja, wie es dann schließlich die Kosten verteilt. Das Nachlassgericht muss folglich nicht über die Kosten entscheiden, sofern es dies nicht als nötig ansieht. Trifft das Nachlassgericht also keine Entscheidung, trägt der Antragssteller die Gerichtskosten und jeder Beteiligte trägt die Kosten für seine Auslagen selbst.

Entscheidet sich das Nachlassgericht hingegen eine Entscheidung über die Kostenverteilung zu treffen, da von der üblichen Kostenverteilung abgewichen werden soll, so gilt auch hier der Ermessensgrundsatz. Es darf demnach frei entscheiden, ob ein Beteiligter die Kosten komplett, teilweise oder gar nicht tragen soll. Dabei muss es allerdings die Leitlinien des § 81 Abs. 2 FamFG beachten. Laut diesen sollen einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden, sofern das Verfahren durch grobes Verschulden des Beteiligten zustande gekommen ist, der Antrag des Beteiligten von Anfang an aussichtslos war oder sofern der Beteiligte schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat. Zudem soll der Beteiligte die Kosten ganz oder teilweise tragen, wenn er seine Mitwirkungspflichten verletzt hat und sich das Verfahren dadurch erheblich verzögert hat oder wenn er einer richterlichen Anordnung nicht nachgekommen ist.

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Weiter Ermessensspielraum des Nachlassgerichts

Im Übrigen bleibt dem Nachlassgericht allerdings ein weiter Ermessensspielraum, wodurch die Kostenverteilung für die Beteiligten meist schwer vorhersehbar ist. Auch hier hat das Gericht jedoch einige Kriterien zu beachten, welche eine Prognose der Kostenentscheidung möglicherweise erleichtern. Dazu zählt beispielsweise die Kenntnis tatsächlicher und rechtlicher Verhältnisse, sowie das Näheverhältnis zum Erblasser. Außerdem stellt das Nachlassgericht regelmäßig auf das Veranlasserprinzip ab. Nach Diesem hat derjenige, der die Verfahrenskosten verursacht hat, also meist der Antragssteller, diese Kosten auch zu tragen.  Schließlich kann das Gericht auch dem Beteiligten die Kosten auferlegen, welcher den Vorteil aus dem Verfahren zieht. Denn dieser wird durch die Erbschaft meist einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt haben und kann die Verfahrenskosten somit meist einfacher tragen. Sind die Kosten allerdings nicht verhältnismäßig zum Nachlass, so gilt dies möglicherweise nicht.

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Gerechte Lösungen?

Nach diesen und weiteren Kriterien muss das Gericht eine Entscheidung über die Kostenverteilung treffen. In vielen Fällen hat jedoch derjenige die Kosten zu tragen, bei dem sie auch entstanden sind.

In diesem Beitrag haben wir zusammengefasst, welche Voraussetzungen ein solcher Pflichtteilsanspruch hat und in diesem Beitrag haben wir die Höhe des Anspruchs analisiert.  

Beschwerde bei Unzufriedenheit mit Kostenentscheidung

Sind die Beteiligten mit der Kostenverteilung nicht zufrieden, haben sie die Möglichkeit die Kostenentscheidung im Rahmen einer Kostenbeschwerde nach §§ 58 ff. FamFG anzufechten. Allerdings prüft das Beschwerdegericht dann lediglich, ob das Gericht überhaupt ermessen ausgeübt hat und nicht, ob die Kosten anders hätten verteilt werden müssen. Dafür muss der Beteiligte dann eine Rechtsbeschwerde nach §§ 70 ff. FamFG einlegen.

Wir haben in diesen Beiträgen Grundlagenwissen zur Erbfolge, zum Testament und zu anderen erbrechtlichen Fragestellungen zusammengefasst:

– Der Erbvertrag

– Das Testament

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