Das am 12. April vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Selbstbestimmungsgesetz“ (SBGG), welches noch 2024 in Kraft treten soll, ist für eine immer größer werdende Community in Deutschland ein Meilenstein. Es sieht eine vereinfachtere Änderung des Geschlechts und des Namens vor - mit allen rechtlichen Konsequenzen.
Nach aktuellem gesetzlichen Stand ist eine Identifikation mit einem anderen Geschlecht als dem, das auf der Geburtsurkunde festgestellt wurde, bereits möglich. Das Transsexuellengesetz (TSG) stellt allerdings Anforderungen an eine Änderung des Geschlechts, die Betroffene als unwürdig bezeichnen.
Gem. § 4 TSG etwa darf das Gericht einem Antrag auf Änderung des bisher geltenden Geschlechts „nur stattgeben, nachdem es die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt hat, die auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sind.“ Weiter heißt es: „Die Sachverständigen müssen unabhängig voneinander tätig werden; in ihren Gutachten haben sie auch dazu Stellung zu nehmen, ob sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft das Zugehörigkeitsempfinden des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.“
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Das SBGG ersetzt das bisherige Transsexuellengesetz und ermöglicht es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern, ohne dass ein ärztliches Attest oder gerichtliche Gutachten erforderlich sind.
Die Diskussionen über das voraussichtlich im November in Kraft tretende Gesetz werden immer noch äußert hitzig diskutiert. „Droht nun ein Entwicklung, in der jeder bis ins Uferlose selbst bestimmen kann, welchem Geschlecht er angehört?“, „Wie behandelt man es, wenn sich ein Mann für die Sportprüfung im Abitur zur Frau macht, um einfacher an gute Noten zu kommen?“ oder auch „Stehen bald im Schwimmbad in der Umkleide für Damen männlich anmutende Trans-Frauen?“
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Vieles davon ist reine Panikmache - wie realistisch ist es, dass ein 18-Jähriger Johann sich mal kurzerhand fürs Abitur zur Johanna machen lässt, nur, um anstatt 20 Minuten für eine Eins im 5-Kilometer-Lauf 24 zu haben?
Das neue SBGG nimmt im Entwurf explizit Bezug auf dass bisher geltende „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG). Das Gesetz, das grundsätzlich auch verbietet, Personen unterschiedlichen Geschlechts zu benachteiligen, setzt diesem Verbot gleichwohl Grenzen. Gem. § 20 I 2 AGG ist eine Ungleichbehandlung nämlich nicht direkt verboten, wenn es dabei um das Eindringen in die Intimsphäre anderer Gruppen geht. Vage formuliert das Gesetz allerdings, dass die Intimsphäre eine Grenze des Verbots sein „kann“, nicht etwa „muss“.
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Es ist demnach anzunehmen, dass das SBGG keine nennenswerten Spuren im Alltagsleben hinterlassen wird. Zwar wird für den Einzelnen, der sein Geschlecht umgeändert wissen will, das Procedere einfacher, aber das SBGG bringt keine neuen Richtlinien im Bezug auf den Umgang mit Trans-Personen mit sich. Die bisher geltenden Anti-Diskriminierungsmaßnahmen bestehen unverändert fort.