Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 10. April 2025 (Az. 15 U 249/24) setzt ein deutliches Zeichen für den Datenschutz: Wirtschaftsauskunfteien wie die SCHUFA dürfen erledigte Negativmerkmale nicht über Jahre hinweg speichern. Die Entscheidung stärkt Verbraucherrechte und bringt tiefgreifende Veränderungen im Umgang mit personenbezogenen Daten – insbesondere mit Blick auf Art. 6 und Art. 82 DSGVO.
Ein Verbraucher hatte gegen eine Auskunftei geklagt, nachdem diese auch Monate nach vollständiger Begleichung einer Forderung weiterhin einen negativen Bonitätseintrag führte. Der Eintrag wurde trotz Löschung im öffentlichen Schuldnerverzeichnis nicht entfernt. Der Kläger sah sich durch die fortgesetzte Datenübermittlung gegenüber Banken und Vertragspartnern erheblich benachteiligt – und forderte sowohl die Löschung als auch 500 Euro immateriellen Schadensersatz.
Das Landgericht Bonn wies die Klage zunächst ab. Erst in der Berufung gab das OLG Köln dem Kläger weitgehend recht.
Nach Auffassung des Gerichts entfällt mit der Erfüllung der Verbindlichkeit und ihrer Löschung aus dem öffentlichen Register auch die Grundlage für eine weitere Verarbeitung durch private Auskunfteien. Es könne nicht sein, dass Wirtschaftsauskunfteien länger speichern als staatliche Stellen. Die Richter beriefen sich dabei auf die EuGH-Entscheidung vom 7. Dezember 2023 (Rs. C-26/22), wonach die Datenverarbeitung verhältnismäßig und erforderlich sein muss – und auf § 882e Abs. 3 ZPO, der eine sechsmonatige Löschpflicht nach Tilgung vorsieht.
Die Speicherung war damit rechtswidrig – auch, weil sie keinen legitimen Zweck mehr erfüllte. Die Beklagte konnte sich nicht auf ein überwiegendes berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berufen.
Im Zentrum der rechtlichen Prüfung stand die Abwägung zwischen dem Interesse der Auskunftei an Datenspeicherung (Art. 16 EU-GRCh) und den Datenschutzrechten des Klägers (Art. 7, 8 EU-GRCh). Die Richter machten deutlich: Wenn eine Forderung erledigt ist, besteht kein berechtigtes Interesse mehr daran, personenbezogene Daten weiter zu verarbeiten – zumal die fortbestehende Eintragung die wirtschaftliche Teilhabe des Klägers beeinträchtigte
Bemerkenswert: Das OLG sprach dem Kläger 500 Euro immateriellen Schadenersatz zu – obwohl er keine konkreten wirtschaftlichen Einbußen nachweisen konnte. Es genügte, dass die Bonität durch die veralteten Einträge negativ beeinflusst wurde. Damit stärkt das Gericht die Vorgaben aus Art. 82 DSGVO – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 28.01.2025, VI ZR 183/22), wonach bereits ein Kontrollverlust über persönliche Daten ersatzfähig ist.
Für Wirtschaftsauskunfteien ist das Urteil ein deutlicher Warnschuss. Die bislang verbreitete Praxis, erledigte Einträge bis zu drei Jahre zu speichern, dürfte mit der DSGVO nicht mehr vereinbar sein. Unternehmen müssen ihre Löschroutinen überarbeiten – anderenfalls drohen nicht nur Reputationsverluste, sondern auch finanzielle Konsequenzen durch Schadensersatzklagen.
Für Verbraucher bedeutet das Urteil eine klare Stärkung ihrer Rechte: Wer seine Schulden begleicht, muss nicht länger fürchten, über Monate oder Jahre hinweg durch Altmerkmale in der Bonität eingeschränkt zu werden.