Immer mehr Leute wenden sich von der Schulmedizin ab. Stattdessen werden Heilpraktiker*innen aufgesucht, welche mit "natürlicheren" Heilverfahren arbeiten. Diese bieten jedoch in vielen Fällen nicht die gleichen Erfolgsaussichten, wie schulmedizinische Behandlung. Auch die Gerichte hatten sich schon mehrmals mit der Frage auseinanderzusetzen, ab wann Heilpraktiker*innen für den ausbleibenden Erfolg ihrer Behandlung haften.
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat jüngst mit Urteil vom 25.03.2021 eine Heilpraktikerin zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt. Diese hatte einer an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Patientin die Einnahme von Schlangengift-Präparaten empfohlen. Die Patientin, die ihre Chemo-Therapie abgebrochen hatte, starb.
Der Vater ihres Sohnes erhob daher Klage. Er verlangte 170.000 Euro Schmerzensgeld sowie Zahlung von Schadensersatz für entgangenen Kindesunterhalt.
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Die Richter gaben der Klage nun im Wesentlichen statt. Die Heilpraktikerin habe ihrer Patientin zwar nicht aktiv zum Abbruch der lebensrettenden Strahlentherapie geraten. Sie sei aber ihrer sich abzeichnenden Entscheidung nicht entgegengetreten, was als Heilpraktikerin ihre Aufgabe gewesen wäre. Angesichts der praktisch nicht vorhandenen Heilungschancen durch die alternative Behandlung hätte die Beklagte ihrer Patientin raten müssen, die Chemotherapie wieder aufzunehmen.
Für die Frage, ob die Behandlung fehlerhaft war, gilt nach Auffassung des OLG auch bei Anwendung alternativer Behandlungsmethoden der Standard, wie er von einem ausgebildeten und praktizierenden Heilpraktiker einzuhalten ist. Die fachliche Einschätzung eines Arztes entlastet demnach den Heilpraktiker nicht davon, dass er den Patienten darauf hinweisen muss, dass seine Behandlungsmethode kein adäquater Ersatz für die Schulmedizin ist.
Hat ein*e Patient*in erkennbar Zweifel an der Sinnhaftigkeit der empfohlenen medizinischen Behandlung muss der/die Heilpraktiker*in entgegentreten und darf den/die Patient*innen nicht in der Abkehr von der gebotenen Therapie bestärken. Ansonsten handelt es sich um einen Behandlungsfehler im Sinne der therapeutischen Aufklärung.
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Einen solchen Behandlungsfehler sahen die Münchener Richter im vorliegenden Fall als gegeben an. Dennoch blieb die Verurteilung der Heilpraktikerin hinter dem Klageantrag zurück. Statt der eingeklagten 170.000 Euro wurde die (nicht haftpflichtversicherte) Beklagte zur Zahlung von 30.000 Euro verurteilt.
Denn die gestorbene Krebspatientin trifft nach Ansicht des Gerichts eine Mitschuld. Sie habe sich freiwillig für den Abbruch der möglicherweise lebensrettenden Therapie entschieden.
Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Heilpraktikerin wegen fahrlässiger Tötung wurde von der Staatsanwaltschaft Passau eingestellt. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass nicht nachgewiesen werden könne, dass die Heilpraktikerin ihren Aufklärungspflichten nicht ausreichend nachgekommen wäre.
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Der Heilpraktikerberuf erlebt schon seit Jahren einen Boom. So übernehmen viele private Krankenkassen die Behandlungshonorare. Zugleich gibt es aber auch mehr Kritik an den alternativen Behandlungsmethoden und deren, nicht immer redlichen Vertretern.
So wurde im Mai 2019 ein Heilpraktiker in Nürnberg zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er zusammen mit seiner Ehefrau nicht zugelassene Medikamente verkauft haben soll. Diese sollten angeblich gegen Krebs im Endstadium oder Autismus helfen.
Im September 2019 verurteilte das Amtsgericht Erkelenz einen Heilpraktiker zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung. Er wollte einer Patientin unter Hypnose einreden, sie beide seien weltbekannte Porno-Stars und müssten für den nächsten Film üben.
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