Bereits 2018 vertrat der Gereralanwalt Bot vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Auffassung, dass der nicht genommene Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers vererbbar und bei dessen Tod gegenüber seinen Erben abzugelten sei. Dieser Auffassung hat sich auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 22.01.2019 angeschlossen.
Zu entscheiden hatten die Richter*innen des BAG über die Klage der Ehefrau des Erblassers. Ihr Mann war am 20. Dezember 2010 verstorben. Bei seinem Tod verblieb ihm für das Jahr 2010 einen Resturlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen.
Die Klägerin verlangte vom Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes, dass dieser ihr den verbleibenden Resturlaubsanspruch abgelten solle. Er weigerte sich jedoch. Das BAG hat allerdings die Auffassung der Klägerin bestätigt.
Gem. § 2 BurlG haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub. Die Mindestanzahl an Urlaubstagen richtet sich dabei nach § 3 BUrlG. Demnach hat ein Arbeitnehmer bei einer fünf-Tage-Woche einen jährlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Werktagen.
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Allerdings stellt die Regelung des § 3 BUrlG lediglich eine Untergrenze dar. Darüber hinausgehend kann sich aus dem Arbeitsvertrag, dem einschlägigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung auch ein höherer Urlaubsanspruch ergeben.
Beispiel:
Herr Meier arbeitet fünf Tage pro Woche. Daraus ergibt sich ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von 20 Werktagen. Dennoch können in seinem Arbeitsvertrag auch 26 Urlaubstage pro Jahr vereinbart werden.
Zudem steht schwerbehinderten Arbeitnehmern ab einem GdB von 50 ein Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen pro Kalenderjahr zu, § 208 SGB IX.
Beispiel:
Der schwerbehinderte Herr Müller hat einen tarifvertraglichen Urlaubsanspruch von 25 Werktagen. Er arbeitet in Vollzeit. Aufgrund des gesetzlichen Zusatzurlaubs für Schwerbehinderte hat er einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Werktagen.
Gem. § 7 BUrlG ist Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, abzugelten. Diese Vorschriften müssen europarechtskonform ausgelegt werden.
In der eingangs angesprochenen Entscheidung stellte der EuGH fest, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis untergehen darf. Dem schloss sich nun auch das BAG an. So führten die Erfurter Richter aus, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub, tariflichen Mehrurlaub und anteiligen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen vererblich sei.
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So sei der nicht mehr genommene Jahresurlaub Bestandteil des Vermögens des Verstorbenen. Mit dessen Tod werde er Teil der Erbmasse.
Ein Arbeitsverhältnis wird stets nur zwischen einem bestimmten Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen, so dass es automatisch mit dem Tod des Arbeitnehmers endet, § 613 BGB. Im entschiedenen Fall wurde damit die Klägerin im Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes Alleinerbin ihres Mannes, § 1922 BGB.
Somit gingen das Vermögen sowie die Ansprüche des Verstorbenen auf die Klägerin über. Der ursprüngliche Abgeltungsanspruch des Arbeitnehmers steht nun seiner Ehefrau als Rechtsnachfolgerin zu.
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Das BAG gibt seine bisherige Rechtsprechung, die die Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruchs ausschloss, auf. Es schließt sich der Auffassung des EuGH an. Stirbt der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis und bestehen noch Urlaubsansprüche, haben die Erben nunmehr einen geerbten Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
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