Unangekündigte Wohnungsbesichtigung ist bei Mitwirkung rechtswidrig

veröffentlicht am in der Kategorie Allgemein Verwaltungsrecht

Bei Steuererklärungen tricksen zahlreiche Steuerpflichtige. Es ist daher nicht überraschend, dass Finanzämter gerne auch mal persönlich vorstellig werden, um etwaige Angaben zu überprüfen. Grenzfälle, was noch als zulässige Überprüfung gilt und welches Verhalten der Finanzämter im Bereich der Rechtswidrigkeit angesiedelt ist, beschäftigen Gerichte schon seit langem. Der Bundesfinanzhof musste sich am 12.07.2022 auch mit einem solchen Grenzfall beschäftigen: Wann ist eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung rechtswidrig? 

Der Sachverhalt

Eine Unternehmensberaterin hatte in ihrer Einkommenssteuererklärung ausgeführt, dass sie ein häusliches Arbeitszimmer habe. Daraus resultierten Aufwendungen. Das örtlich zuständige Finanzamt fragte bei der Unternehmensberaterin wegen Unklarheiten nach. Daraufhin reichte die Beraterin eine Skizze der Wohnung ein. Das Finanzamt hielt den Sachverhalt aber weiterhin für klärungsbedürftig und schickte den Flankenschutzprüfer, um die Wohnung zu besichtigen. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen und wie sich als Teil der Steuerfahndung aus. Er forderte, die Wohnung zu betreten wegen des laufenden Besteuerungsverfahrens. DIe Unternehmensberaterin widersprach der Besichtigung nicht.   

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BFH: Besichtigung als letztes Mittel

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Besichtigung durch den Flankenschutzprüfer rechtswidrig war. Dazu rekurrierte der Gerichtshof hauptsächlich auf Art. 13 Abs. 1 GG, der die Unverletzlichkeit der Wohnung normiert. Aus dem Grundrecht resultiere, dass die (unangekündigte) Besichtigung der Wohnung eines Steuerpflichtigen jedenfalls dann rechtswidrig sei, wenn der Steuerpflichtige zur Mitwirkung bereit sei. Denn dann stünden dem Finanzamt noch weitere Beweismittel zur Verfügung (etwa Fotografien) oder das Finanzamt könnte sich schlicht um weitere Auskünfte bemühen. Es dürfe erst die Wohnung besichtigen, wenn all diese Beweismittel ausgeschöpft seien. 

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BFH: Zustimmung ändere nichts

Dass die Unternehmensberaterin im konkreten Fall der Besichtigung nicht widersprochen habe, ändere an dem Urteil nichts. Auch dann gelte, dass sich auch Art. 13 Abs. 1 GG die Pflicht für die Behörde ergebe, sich erst anderer Beweismittel wie etwa Auskünfte zu bemühen. 

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Fazit

Das Urteil betont den hohen Schutz, den die Unverletzlichkeit der Wohnung in Deutschland genießt. Außerdem zeigt es auf, dass sich eine Mitwirkungsbereitschaft gegenüber Behörden lohnen und sogar zu einem erhöhten Schutz führen kann. 

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