Seit dem 15.06.2019 sind E-Scooter auf deutschen Straßen zugelassen und prägen das Stadtbild mit. Seit dem beschäftigen die elektrobetriebenen Fahrzeuge auch die deutsche Justiz. Mittlerweile ist es wohl fast allgegenwärtig bekannt, dass betrunkenes E-Scooter fahren den Führerschein kosten kann. Wie ist es aber, wenn betrunken auf einem E-Scooter schlicht mitgefahren wird. Dazu äußerte sich das Landgericht Oldenburg am 7.11.2022.
Der Sachverhalt
Der Beschuldigte wurde gegen 04:05 Uhr von einer Polizeistrafe auf einem E-Scooter gesichtet. Der E-Scooter bewegte sich unzulässigerweise in stadtauswärtige Richtung fort. Der Beschuldigte fuhr allerdings nicht selbst den Scooter, sondern befand sich hinter dem Fahrer auf dem Scooter und hielt sich am Lenker fest. Die Polizeistrafe beendete die Fahrt und entnahm dem Beschuldigten Blut. Die Blutentnahme ergab einen Blutalkoholwert von 1.2 Promille.
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E-Scooter = Kraftfahrzeuge
Gemäß § 1 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung sind E-Scooter Kraftfahrzeuge und nicht etwa Fahrräder. Dieser Umstand hat Auswirkungen auf Promille-Grenzen und die sogenannte Fahruntüchtigkeit:
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Absolute Fahruntüchtigkeit
Allgemein gilt, dass sobald ein bestimmter Blutalkoholwert bestimmt worden ist, von einer absoluten Fahruntüchtigkeit ausgegangen wird. Davon abzugrenzen ist die sogenannte relative Fahruntüchtigkeit bei der zusätzlich zu der Alkoholkonzentration im Blut alkohlbedingte Ausfallerscheinungen dazutreten müssen (etwa Fahren in Schlangenlinien). Bei Kraftfahrzeugen wird ab einem Blutalkoholwert von 1.1 Promille von einer absoluten Fahruntüchtigkeit ausgegangen; eine relative Fahruntüchtigkeit besteht ab 0.5 Promille. Im Beitrag „Alkohol und Promillegrenzen im Straßenverkehr“ haben wir alle Informationen zu den Promillegrenzwerten (etwa auch zu Fahrrädern) zusammengefasst.
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Führerscheinentzug bei absoluter Fahruntüchtigkeit
Wer ein Fahrzeug (also auch einen E-Scooter) im Verkehr führt und dabei erwischt wird, während er einen Blutalkoholwert von mehr als 1.1. Promille erreicht, erfüllt den Tatbestand von § 316 Strafgesetzbuch („StGB„). Das hat zur Folge, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen wird:
§ 316 StGB Trunkenheit im Verkehr
(1) Wer im Verkehr […] ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.
(2) […]
§ 69 StGB Entziehung der Fahrerlaubnis
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. […]
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen1. der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a. des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
[…]
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
Das Führen eines Fahrzeugs während absoluter Fahruntüchtigkeit führt also in aller Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Gericht.
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LG Oldenburg: Mitfahrer „führt“ das Fahrzeug
Das Landgericht entschied, dass dadurch, dass der E-Scooter Mitfahrer eingeräumt habe, er habe „die Hände am Lenker“ gehabt, hätte er den Straftatbestand nach § 316 Abs. 1 StGB erfüllt habe. Das Festhalten am Lenker reiche aus, auch wenn der Mitfahrer – wie er selbst einräumte – keine eigenen Fahrbewegungen machte. Das Argument, das das Gericht anführt, ist denkbar direkt: „Denn das Festhalten des Lenkers eines E-Scooters führt dazu, dass dieser in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt wird: nämlich geradeaus.„ Entsprechend habe der Mitfahrer den E-Scooter durch das reine halten des Lenkers geführt. Weiter argumentierte das Landgericht Oldenburg: „Dieses Inder-Spur-Halten des E-Scooters ist ein genuiner Lenkvorgang, weil ein kontrolliertes Fortbewegen des E-Scooters durch den Verkehrsraum, wenn beide Personen auf dem Roller sich am Lenker festhalten, nur durch ein Zusammenwirken durch beide Fahrer möglich ist. Das bedeutet auch, dass der E-Scooter in einer Art „Mittäterschaft“ von beiden Fahrern gleichzeitig geführt wird.„
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Fazit
Der Beschluss des Landgerichts Oldenburg verdeutlicht, dass Alkohol am Steuer (oder eben auch nicht am Steuer) weitreichende Konsequenzen haben kann. Diese Rechtsfrage scheint aber noch nicht gänzlich geklärt, auch wegen des Verhältnisses des Festhalten zu strafrechtlichen den Maßnahmen (Führerscheinentzug und eventuell sogar Freiheitsstrafe). Eventuell sollte aber von E-Scootern betrunken Abstand gehalten werden.
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