Wer wegen einer Straftat vor Gericht verurteilt wird, muss diese Entscheidung nicht immer auf sich sitzen lassen. Insbesondere, wenn vor dem Amtsgericht verhandelt wurde, kann sich auch im Nachhinein noch die Konsulation eines Rechtsanwalts bzw. einer Rechtsanwältin lohnen. Diese können im Zweifel Fehler in dem Urteil auffinden und gegen die Verurteilung Rechtsmittel einlegen. Welche Rechtsmittel wann in Betracht kommen und welche Voraussetzungen sie haben, erklären wir in dem folgenden Beitrag!
Die Verurteilung wegen einer Straftat setzt voraus, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass der Angeklagte die Tat begangen hat. Diese Überzeugung bildet sich nach der Anklage durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Hauptverhandlung. In der Hauptverhandlung wird eine Beweisaufnahme durchgeführt. Hier werden Zeugen und Sachverständige gehört, Urkunden verlesen und Dinge in Augenschein genommen. Zudem erhält der / die Angeklagte die Chance, sich zu den Vorwürfen zu äußern und ggf. seine Variante des Geschehens zu schildern.
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Die Staatsanwaltschaft klagt die Delikte an, für die nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ein hinreichender Tatverdacht besteht. Das heißt, dass bezüglich der Taten am Ende einer gedachten Hauptverhandlung die Verurteilung des / der Beschuldigten wahrscheinlicher ist als dessen / deren Freispruch. Die Wahrscheinlichkeit für die Verurteilung muss also > 50 % betragen.
Um die Wahrscheinlichkeit zu "berechnen" werden alle präsenten Beweismittel (vorläufig) gewürdigt.
Es ist jedoch durchaus nicht unwahrscheinlich, dass sich der Sachverhalt in der Hauptverhandlung dann z.B. aufgrund der Zeugenaussagen oder der Aussagen des / der Angeklagten doch anders darstellt, als in der Anklage geschildert.
Beispielsweise kann der Täter / die Täterin doch nicht sicher von den Zeug:innen identifiziert werden oder es stellt sich heraus, dass eine Tat "weniger schlimm" oder "schlimmer" war als angeklagt.
Insbesondere im letzten Fall ist das Gericht dazu verpflichtet, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass sich der Sachverhalt nach der Beweisaufnahme anders darstellt und daher auch eine andere Verurteilung in Betracht kommt.
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Nach Schluss der Beweisaufnahme wird das Urteil verkündet (soweit nicht zuvor das Verfahren z.B. wegen Geringfügigkeit mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft - ggf. gegen Auflagen / Weisungen eingestellt wurde).
Dabei begründet der Richter / die Richterin auch die getroffene Entscheidung. Allerdings sind auch Jurist:innen nicht fehlerfrei. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass bei der Urteilsfindung Fehler unterlaufen.
Dies kann z.B. die Höhe der Strafe oder die Verurteilung an sich betreffen.
Soweit der / die Angeklagte keinen wirksamen Rechtsmittelverzicht erklärt, können verschiedene Rechtsmittel gegen die Entscheidung statthaft sein. Die Art des Rechtsmittels richtet sich dabei insbesondere danach, vor welchem Gericht in der 1. Instanz verhandelt wurde.
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So ist die Berufung gegen erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts (Strafrichter:in / Schöffengericht) statthaft.
Mit der Berufung wird der vom Gericht der 1. Instanz entschiedene Fall nochmals neu aufgerollt. Das Berufungsgericht ist damit sowohl Tatsachen- als auch Rechtsinstanz.
Da es für die Berufung ebenfalls auf rechtliche Würdigungen und Schlussfolgerungen ankommt, sollte spätestens für diesen Schritt ein Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin eingeschaltet werden. Diese kennen sich am besten mit der Sachmaterie aus und können realistisch einschätzen, ob die Berufung Aussicht auf Erfolg hat.
Gegen Urteile des Landgerichts (Strafkammer / Schwurgericht) sowie gegen erstinstanzliche Urteile des Oberlandesgericht ist die Revision statthaft.
Im Rahmen der Revision wird das Urteil nur auf Verfahrens- und Rechtsfehler hin überprüft.
Neue Tatsachen und Beweise sind also grundsätzlich ausgeschlossen!
Die Revision kann von dem/der Verurteilten grundsätzlich selbst eingelegt werden (zu Protokoll der Geschäftsstelle). Es empfiehlt sich jedoch wie bei der Berufung die Einschaltung eines Rechtsanwalts bzw. einer Rechtsanwältin, da diese die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels besser einschätzen können. Zudem kennen sie die juristischen "Handgriffe", welche einer Revision möglicherweise zum Erfolg verhelfen können.
Ein Urteil, gegen das die Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden. Dies ist insbesondere dann zweckmäßig, wenn
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Sowohl bei der Berufung als auch bei der Revision gilt das so genannte "Verschlechterungsverbot". Das heißt, dass das Gericht, welches die Entscheidung der Vorinstanz überprüft, das angefochtene Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten ändern darf.
Achtung!
Dies gilt nur, wenn nicht auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt hat. Hier gilt das Verschlechterungsverbot nicht!
Die Verurteilung in erster Instanz bedeutet noch nicht "das Ende vom Lied". Es besteht die Möglichkeit, in Berufung zu gehen oder Revision gegen das Urteil einzulegen. So ist nicht ausgeschlossen, dass das Strafmaß oder die Verurteilung an sich in der 2. Instanz (insbesondere auch zu Gunsten des/der Verurteilten) abgeändert wird. Für die Einlegung von Rechtsmitteln empfiehlt sich aber dringend die Einschaltung eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin für Strafrecht.
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Bei weiteren Fragen zum Thema Strafrecht oder Ordnungswidrigkeitenrecht, stehen wir Ihnen gerne auch persönlich zur Seite. Terminvereinbarungen können Sie während unserer Bürozeiten unter der Telefonnummer 0201-24030 oder per Email unter info@schumacherlaw.com vornehmen.
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