Im jedes Jahr erscheinenden Rechtsstaatsbericht der Europäischen Kommission kommt Deutschland stets ziemlich gut davon. Einer der wenigen Kritikpunkte ist ein gewisser Mangel an Unabhängigkeit in der deutschen Staatsanwaltschaft. Liegt ein solcher wirklich vor? Und falls ja - ist das eigentlich so schlecht?
Tatsächlich untersteht die deutsche Staatsanwaltschaft einem Weisungsrecht. Gem. § 147 GVG steht das Recht der Aufsicht und Leitung steht zu:
Schon gewusst? Strafprozess: Die Staatsanwaltschaft
Das Bestehen eines solchen Weisungsrechts lässt sich am Aufbau der Staatsanwaltschaft selbst, sowie an ihrem Verhältnis zu den politischen Justizministern erklären. Anders als Richter sind Staatsanwälte Teil der Exekutive, also der vollziehenden Gewalt. Es gibt also einen behördlichen, hierarchischen Aufbau in dem die jeweiligen Vorgesetzten verständlicherweise ein Weisungsrecht nach unten haben. Konkret heißt es dazu in § 146 GVG, dass „die Beamten der Staatsanwaltschaft (…) den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen“ haben.
Aufgebaut ist die Staatsanwaltschaft wie folgt: Der normale Staatsanwalt hat einen Vorgesetzten, den Oberstaatsanwalt. Dessen Vorgesetzter ist dann der Generalstaatsanwalt, der lediglich dem jeweiligen Justizminister untersteht. Eine Weisung von einem Justizminister kann sich demnach durch alle Ebenen der Staatsanwaltschaft ziehen.
Schon gewusst? In Untersuchungshaft – was jetzt?
Dies muss zunächst aber nicht die Sorge vor politischer Einflussnahme in die Justiz erwecken. Vielmehr ist es, wie auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zuletzt feststellte ein Teil der sogenannten „Demokratischen Legitimationskette“. Diese soll meinen, dass alles staatliche Handeln auf den Willen des Volkes zurückgehen muss. Dies wird bestmöglich erreicht, wenn ein Mitglied der vom Volk gewählten Regierung die Verantwortung trägt.
Eine Staatsanwaltschaft selbst unterliegt natürlich dem Legalitätsprinzip, weswegen sie bei einem Anfangsverdacht auf Ermittlungen einleiten müssen. Wie die Ermittlungen aber aussehen und wie weit sie gehen, obliegt üblicherweise der Staatsanwaltschaft.
Schon gewusst? Aufnahme neuen Verfahrens ist verfassungswidrig!
Das Weisungsrecht durch Justizminister, das ermöglicht, die Staatsanwaltschaft in eine gewollte Richtung zu manövrieren, wird jedoch in der Praxis selten angewandt. Die Politik ist sich gewahr, dass ein solches Handeln zu starker Kritik führt. Die Staatsanwaltschaft will (und soll) nicht fremdgesteuert aussehen.
Ein Entwurf zu einer Änderung des Weisungsrechts seitens des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) schlägt nun vor, Weisungen nur zuzulassen „zur Verhinderung rechtswidriger Entscheidungen“, „soweit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ein Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum besteht“ oder „im Bereich der Ermessensausübung“. Justizfremde Erwägungen sind ausdrücklich ausgeschlossen. Auf diesem Wege soll § 146 GVG geändert werden.
Schon gewusst? Die letzte Generation – eine kriminelle Vereinigung?
Interessant ist außerdem der Zeitpunkt, an dem eine mögliche Änderung zur Sprache kommt. Ungeachtet der Tatsache, dass das Weisungsrecht in manchen Bundesländern ohnehin nicht ausgeübt wird, liegt der Verdacht nah, dass mit einer Einschränkung des Weisungsrechts der Einfluss eines möglicherweise künftigen AfD-Justizministers im Zaum gehalten werden soll.
Bei weiteren Fragen zum Thema Strafprozessordnungen und Staatsanwaltschaft stehen wir Ihnen gerne auch persönlich zur Seite. Terminvereinbarungen können Sie während unserer Bürozeiten unter der Telefonnummer 0201-24030 oder per Email unter info@schumacherlaw.com vornehmen.
Ihre Kanzlei Schumacher & Partner
Rechtsanwälte für Strafrecht und Arbeitsrecht in Essen
[zee_kanzlei abteilung="strafrecht-rechtsanwalt"]