Haftung von Radfahrern und das verlängerte Fahrverbot – Verkehrsrecht 2020

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Wer am Straßenverkehr teilnimmt, muss genügend Vorsicht walten lassen. Bei falschem Verhalten drohen schnell Bußgelder oder, im schlimmsten Fall, schwere Verletzungen durch Unfälle. Dabei kann auch das Fehlverhalten oder die Unachtsamkeit anderer Verkehrsteilnehmer schnell zum Verhängnis werden und rechtliche Folgen haben.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm am 30.08.2017, dass Radfahrer, welche entgegen der Fahrtrichtung auf einem Radweg fahren und dabei einen Unfall verursachen, einen erhöhten Eigenhaftungsanteil zu tragen haben können.

Kein Verlust des Vorfahrtsrechts

Die Klägerin war 2013 auf einem linksseitigen Geh- und Radweg gefahren, der jedoch nur für Radfahrer aus der entgegengesetzten Fahrtrichtung freigegeben war. Daraufhin war sie mit einem Auto kollidiert, das beim Abbiegen an einer Straßeneinmündung nicht angehalten hatte um die Radfahrerin vorbeifahren zu lassen, und hatte dadurch diverse schwere Verletzungen erlitten.
Die Richter entschieden nun, dass Fahrradfahrer, auch wenn sie erst wenige Meter auf einem für ihre Fahrtrichtung nicht freigegebenen Weg zurückgelegt haben, einen Unfall auf dieser Strecke mitzuverschulden haben. Dem Radfahrer stünde zwar nach wie vor ein Vorfahrtsrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrern von Kraftfahrzeugen zu. Jedoch könne ein verkehrswidrig mit dem Fahrrad fahrender ohne weitere Anhaltspunkte nicht darauf vertrauen, dabei von dem Kraftfahrer wahrgenommen zu werden. Dementsprechend wurde der durch die Klägerin zu tragende Teil des Unfallschadens auf ⅓ angesetzt.

Keine Anspruchskürzung durch fehlenden Schutzhelm

Des Weiteren hatte die Klägerin bei ihrem Unfall keinen Schutzhelm getragen. Dies rechtfertige nach Auffassung des Senats aber keine Anspruchskürzung zulasten der Radfahrerin. Dies entspricht auch dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.06.2014. Danach ist kein Mitverschulden eines Fahrradfahrers beim Nichttragen eines Schutzhelms anzunehmen, solange es in Deutschland keine gesetzliche Helmpflicht gibt. Eine solche entspricht auch heute nicht dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein.

Verlängertes Fahrverbot

Das Fahrverbot des § 44 Strafgesetzbuch (StGB) wurde bereits 2017 von 3 auf 6 Monate ausgedehnt.

§ 44 StGB

(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbot namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. […]

Hauptanwendungsfall sind Straßenverkehrsdelikte – wie im Fall des OLG Hamm. Es kommt aber auch eine Verhängung bei anderen, straßenverkehrsunabhängigen Delikten in Betracht. Ein Fahrverbot trifft den Täter oftmals sensibler als beispielsweise eine Geldstrafe.

Beispiel:

Ein Fahrverbot kann auch verhängt werden, wenn ein Elternteil seine Unterhaltszahlungen nicht leistet.

Problematisch ist dabei insbesondere, dass der Täter durch ein Fahrverbot möglicherweise so in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt würde, sodass er an seiner Berufsausübung gehindert werden könne.

Verschärft würde dies auch durch die Regelung, dass mehrere rechtskräftige Fahrverbote nicht mehr parallel, sondern nacheinander vollstreckt werden sollen.

§ 44 StGB

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. […]

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