Die Kinder des Erblassers sind grundsätzlich immer pflichtteilsberechtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kinder ehelich, außerehelich oder adoptiert sind. Dennoch gibt es auch Möglichkeiten, den Pflichtteil für seine Kinder zu umgehen.
Der Pflichtteil stellt eine Mindestbeteiligung am Nachlass eines verstorbenen Verwandten dar. Damit schränkt der gesetzlich vorgesehene Pflichtteil die Testierfreiheit des künftigen Erblassers ein: dieser kann zwar nach Belieben direkte Abkömmlinge enterben, sie erhalten aber unter Umständen doch noch etwas vom Nachlass.
Gemäß § 2303 BGB haben folgende Verwandte einen Pflichtteilsanspruch:
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Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB. Gemäß § 2310 BGB müssen bei der Berechnung alle Verwandten berücksichtigt werden. Hierzu gehören auch Verwandte, die von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind, weil sie
Wer auf sein Erbe in einem Vertrag mit dem Erblasser schon zu dessen Lebzeiten verzichtet hat, wird nicht mitgezählt, § 2346 BGB.
Beispiel:
Die verwitwete Frau Müller verstirbt. Sie hinterlässt drei Kinder: Anna, Ben und Carla. Anna hat schon zu Lebzeiten der Erblasserin auf ihr Erbe verzichtet. Ben ist Alleinerbe. Carla wurde enterbt.
Ohne Testament wären die Kinder jeweils zu einem Drittel Erbe gewesen. Allerdings hat Anna verzichtet, so dass ihr gesetzlicher Erbteil bei der Berechnung des Pflichtteils nicht berücksichtigt wird.
Nach der gesetzlichen Erbfolge stünde Ben und Carla jeweils die Hälfte des Nachlasses zu. Jedoch hat Frau Müller Carla enterbt, so dass er nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also ein Viertel des Nachlasses, als Pflichtteil erhält.
Pflichtteilsberechtigte Kinder können ihren Anspruch nur geltend machen, indem sie selbst aktiv werden. Dazu müssen diese sich an den im Testament eingesetzten Erben wenden und die Herausgabe der Mindestbeteiligung am Erbe verlangen. Kommt der Erbe diesem Verlangen nicht nach, so ist es sinnvoll einen Anwalt einzuschalten.
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Kinder sind in der Regel immer pflichtteilsberechtigt und haben meist auch einen durchsetzbaren Pflichtteilsanspruch. Daher ist ein Pflichtteilsentzug von direkten Abkömmlingen nur schwer durchzusetzen.
Denn der Pflichtteil der Kinder kann nur bei Vorliegen triftiger Gründe entzogen werden, § 2333 BGB. Hierzu muss der künftige Erblasser diese Gründe plausibel und detailliert begründen und dies schriftlich in seinem Testament festhalten.
Gemäß § 2333 Abs. 1 BGB kann der Erblasser dem pflichtteilsberechtigten Kind seinen Pflichtteilsanspruch absprechen, wenn der Pflichtteilsberechtigte
Ist eine dieser Bedingungen erfüllt, kann man den Pflichtteil umgehen.
Beispiel (OLG Frankfurt, Urt. v. 29.10.2013, Az.: 15 U 61/12):
Für die Entziehung des Pflichtteils reicht es nicht aus, wenn die Kinder sich schlicht weigern, einen pflegebedürftigen Elternteil zu pflegen. Vielmehr muss die Leistungsverweigerung zusätzlich auf einer verwerflichen Gesinnung beruhen.
Eine Alternative zum Pflichtteilsentzug ist der sogenannte Pflichtteilsverzicht. Dieser kann zwischen dem zukünftigen Erblasser und dessen Kindern schon zu Lebzeiten vertraglich vereinbart werden.
Der Vertrag muss zwingend von einem Notar beurkundet werden. Andernfalls ist er nicht gültig. Inhaltlich vereinbart der künftige Erblasser mit dem pflichtteilsberechtigten Kind verbindlich, dass dieses seinen Pflichtteilsanspruch beim Ableben des Erblassers nicht geltend macht.
In der Regel erhält der Pflichtteilsberechtigte für seinen Pflichtteilsverzicht als Kompensation eine Abfindung. Dennoch ist zu beachten, dass unbedingt beide Parteien – sowohl Erblasser als auch Pflichtteilsberechtigter – freiwillig dem Pflichtteilsverzicht zustimmen müssen.
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Schließlich kann der Pflichtteil auch durch eine Strafklausel im sogenannten Berliner Testament (Ehegattentestament) entzogen werden. Hierbei setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Die Kinder erben dann erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners.
Mit einer Pflichtteilsstrafklausel verfügen die Ehegatten, dass Kinder, die bereits im ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern, beim Tod des zweiten Elternteils enterbt werden und damit letztendlich weniger – nämlich erneut nur den Pflichtteil - erhalten.
Diese Klausel soll dazu führen, dass der Pflichtteil von Kindern nicht bereits nach dem Tod des ersten Ehepartners geltend gemacht wird. So kann eine Belastung des überlebenden Ehegatten verhindert werden.
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