Darf die Polizei bei einer Hausdurchsuchung eine Person dazu zwingen, ihr Mobiltelefon per Fingerabdruck zu entsperren? Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich das Oberlandesgericht Bremen.
Gegenstand der Streitigkeit, die zuletzt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Bremen verhandelt wurde, war das Entsperren eines Mobiltelefons bei einer Hausdurchsuchung. Zur Hausdurchsuchung kam es wegen des Verdachts auf Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Hierbei kamen die zuständigen Beamten auf den Durchsuchten zu und wollten, dass dieser sein Mobiltelefon entsperrte. Nachdem er sich weigerte, ergriff eine anwesende Beamtin die Hand des Mannes, um dessen Finger auf den Sensor zu führen. Als der Mann sich daraufhin wehrte, wurde er schlussendlich auf den Boden gebracht und so gefügig gemacht; die Beamten konnten das Mobiltelefon sodann entsperren.
Aufgrund der Wehr, die der Mann den Beamten entgegenbrachte, wurde er im Nachhinein wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vom Amtsgericht Bremerhaven gem. § 113 I StGB verurteilt. Auch in der Berufung bekam er vor Landesgericht in Bremen kein Recht.
Auch das OLG Bremen entschied nun zu Ungunsten des Mannes. Das Urteil stützte sich insbesondere auf § 81b I StPO. Dieser besagt:
Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.
§ 81b I StPO
Das Urteil begründet die Rechtmäßigkeit des Einschreitens der Polizeibeamten damit, dass § 81b I StPO auch die Vornahme "ähnlicher Maßnahmen" schützt.
Neben dem Aufnehmen von Lichtbildern oder Fingerabdrücken soll etwa eine "ähnliche Maßnahme" sein, eine Stimmaufnahme einer Person auf einen Tonträger aufzunehmen. Eine "ähnliche Maßnahme" kann - etwa bei Demonstrationen gerne denkbar - das Verändern des äußeren Erscheinungsbildes sein. Denkbar ist das Entfernen von Schminke oder das Abnehmen einer Kopfbedeckung oder Perücke.
Das heimliche Aufnehmen nichtöffentlicher Gespräche zur Stimmanalyse soll indes nicht als „ähnliche Maßnahme“ gelten können.
Auch im Vorfeld hatten etwa das LG Ravensburg und das LG Baden-Baden in vergleichbaren Fällen ähnlich entscheiden. In der Rechtswissenschaft ist dies Thema jedoch nicht so klar, denn es gibt auch Stimmen, die im Erzwingen eines Fingerabdruck-Scans einen unzulässigen Grundrechtseingriff sehen. So soll etwa das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sein. Dieses Grundrecht ergibt sich aus einer Kombination aus den Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG
Bei Grundrechtseingriffen dieser Art kommt es üblicherweise zu einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. In dem besagten Urteil hieß es nun, der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung sei verhältnismäßig. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass die Daten des Mobiltelefons nur überprüft, aber nicht gespeichert wurden.