Nachbarrecht 2022: Beeinträchtigung durch Solaranlage

Geschrieben von: Henrik Noszka

Das Oberlandesgericht ("OLG") Braunschweig hat entschieden, dass ein Grund­stücks­ei­gen­tü­mer nur dann gegen stö­ren­de Licht­re­fle­xio­nen einer So­lar­an­la­ge auf dem Dach des Nach­barn vor­ge­hen kann, wenn er da­durch "we­sent­lich" be­ein­träch­tigt ist.

Der Sachverhalt

Im entschiedenen Fall wendete sich der Kläger gegen Sonnenlichtreflexionen durch Paneele einer Photovoltaikanlage ("PV-Anlage") auf dem Hausdach des beklagten Nachbarn. Der Kläger gab an, durch die PV-Anlage in unzumutbarer Weise geblendet zu werden. Es gebe technische Normen und Regelwerke, die vorgeben würden, wie Lichtemissionen/-immissionen zu bewerten seien, und welche Grenzwerte bestünden. Diese seien im vorliegenden Fall überschritten. Die Klage auf Beseitigung der Reflexionen blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Anspruch auf Beseitigung bei Eigentumsbeeinträchtigung

Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes wesentlich beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer grundsätzlich die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, § 1004 (1) S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch ("BGB"). Eine Beeinträchtigung kann beispielsweise dann vorliegen, wenn die Zufahrt zu einem Grundstück unbefugt zugeparkt wird. Der Eigentümer kann in diesem Fall das störende Fahrzeug abschleppen lassen und die Kosten vom Halter zurückverlangen.

Keine wesentliche Beeinträchtigung durch PV-Anlage

Das OLG schloss sich im entschiedenen Fall nicht dem klägerischen Vortrag an. Zwar sei das klägerische Eigentum durch die Reflexionen grundsätzlich beeinträchtigt. Allerdings sei die vorhandene Beeinträchtigung nicht wesentlich. Da es für die Reflexionen durch Sonneneinstrahlung keine durch Gesetze oder Richtlinien festgelegten Richtwerte gibt, sei Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsbenutzers" des beeinträchtigten Grundstücks. 

20 Stunden Blendung pro Jahr nicht ausreichend

Die Richter:innen zog dabei den Hinweis der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz ("LAI"), dass eine erhebliche Belästigung vorliegen könne, wenn die Lichteinwirkung mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Kalenderjahr betrage, als Entscheidungshilfe heran. Grundsätzlich beträfe dieser aber andere Konstellationen und sei überdies nicht verbindlich, so das OLG.

Aber auch danach nahmen die Richter:innen keine wesentlichen Beeinträchtigung des Kläger an. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen seien im Wohnraum des Klägers insgesamt nur an 60 Tagen im Jahr und insgesamt unter 20 Stunden pro Jahr durch die Paneele verursachte Reflexionen wahrnehmbar. Auch bei einem Ortstermin habe nur eine Aufhellung, nicht jedoch eine Blendung festgestellt werden können.

Fazit

Ein Beseitigungsanspruch besteht nur bei wesentlichen Beeinträchtigungen. Bei PV-Anlagen ist eine Solche nach Ansicht des OLG Braunschweig nur anzunehmen, wenn die Lichteinwirkung mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Kalenderjahr beträgt. Erreicht die Blendung diese Intensität nicht, ist sie daher grundsätzlich hinzunehmen.

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