Zum 01. Januar 2022 liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro. Bis zum 01. Oktober dieses Jahres soll er sogar auf 12 Euro angehoben werden. Doch nicht für jede Tätigkeit ist auch der Mindestlohn zu bezahlen. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob auch Vorpraktika unter den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetz fallen.
Der Mindestlohn
Beim gesetzlichen Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttostundenlohn. Dieser liegt derzeit bei 9,82 Euro. Bis zum 01. Oktober dieses Jahres soll er sogar auf 12 Euro angehoben werden.
Schon gewusst? Unterhalt nach der Scheidung
Geltung des Mindestlohns
Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 18 Jahren. Er ist unabhängig von Arbeitszeit oder Umfang der Beschäftigung und gilt damit auch für Minijobs und für Saisonarbeit. Eine Ausnahme gilt allerdings für:
- Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz
- Ehrenamtlich tätige Personen
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Maßnahme der Arbeitsförderung
- Heimarbeiterinnen oder Heimarbeiter nach dem Heimarbeitsgesetz
- Selbstständige
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung
- Langzeitarbeitslose innerhalb der ersten sechs Monate nach Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt
- Praktikanten (Verpflichtende Praktika im Rahmen einer schulischen / hochschulischen Ausbildung, freiwillige Praktika bis zu einer Dauer von drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung / Aufnahme eines Studiums)
Der Sachverhalt
Schon gewusst? Kein Kompromiss bei Abweichungen vom Equal Pay Grundsatz!
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich nun mit der Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes auf Vorpraktika zu befassen. Die Klägerin hatte sich an einer privat geführten, staatlich angestellten Universität für ein Studium der Humanmedizin beworben. Nach der Studienordnung der Hochschule ist ein sechsmonatiges Praktikum in einem Krankenhaus oder Krankenpflegedienst als Zulassungsvoraussetzung für diesen Studiengang vorgeschrieben.
Das Verfahren
Die Klägerin absolvierte das Praktikum in einem Krankenhaus, ohne dass eine Vergütung vereinbart wurde. Im Anschluss verlangte sie unter Hinweis auf das Mindestlohngesetz eine Vergütung in Höhe von insgesamt 10.269,85 Euro. Dabei argumentierte sie, bei dem Vorpraktikum handle es sich nicht um ein ausnahmsweise vergütungsfreies Pflichtpraktikum.
Jura Mythen – hafte ich für Schulden meines Ehepartners?
Die Entscheidung
Mit ihrer Klage unterlag die Studentin bereits vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz. Auch ihre Revision zum Bundesarbeitsgericht blieb nun ohne Erfolg. Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für das absolvierte sechs-Monats-Praktikum zu.
Schon gewusst? Mehr Informationen zur Nebenkostenabrechnung!
Vorpraktikum als Pflichtpraktikum
So urteilten die Erfurter Richter, im Falle der Klägerin gelange das Mindestlohngesetz bereits nicht zur Anwendung. Auch bei einem Vorpraktikum handle es sich insoweit um ein Pflichtpraktikum im Sinne des § 22 MiLoG.
§ 22 MiLoG.
(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 2Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie
1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, …
Kein Unterschied zu staatlicher Hochschule
Dabei soll es auch gerade nicht darauf ankommen, dass es sich lediglich um die Studienordnung einer privaten Hochschule handelt. Vielmehr sei dem gesetzgeberischen Willen zu entnehmen, dass die Vorschrift einheitlich gelten soll, soweit jedenfalls das anschließende Studium staatlich anerkannt werde. Die private Studienordnung sei dann im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichzustellen.
Fazit
Die aktuelle Revisionsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht, dass auch weiterhin das Mindestlohngesetz nicht uneingeschränkt anwendbar ist. Zugleich erweitert es den bereits bekannten Rahmen von Pflichtpraktika nun auch auf Vorpraktika.
Noch Fragen?
Wenn Sie Fragen rund um das Thema Mindestlohn, Lohnabrechnung, Erfüllung von Dokumentationspflichten oder andere arbeitsrechtliche Fragen oder auch Fragen bei der Abrechnung des Mindestlohns haben, wenden Sie sich an unsere Anwälte für Arbeitsrecht oder unsere Steuerberatung und vereinbaren einen Termin. Wir stehen Ihnen gerne und jederzeit für alle Fragen zur Verfügung. Rufen Sie uns an 0201/24030.
Schumacher | Rechtsanwälte · Notare · Steuerberater
Ihre Anwälte für Arbeitsrecht in Essen
Ihre Steuerberater in Essen