Mietrecht 2023: Räumungsklage zugestellt und Mietschulden beglichen

Geschrieben von: Henrik Noszka

Grundstückspreise schnellen in Deutschland weiterhin in die Höhe und erreiche neue Höchststände. Damit steigen auch die Mieten - vor allem in attraktiven Ballungsgebieten - an. Können die Mieten nicht mehr beglichen werden und häufen sich entsprechend Mietschulden an, kann die vermietende Seite den Mietvertrag kündigen. Verlässt der Mieter die Wohnung nicht, kann der Vermieter mithilfe einer Räumungsklage seine Recht durchsetzen. Was passiert aber, wenn der Mieter nach Zustellung der Räumungsklage seine Mietschulden beim Vermieter begleicht? Mit dieser Frage setzt sich am 05.10.2022 der Bundesgerichtshof auseinander.

Der Sachverhalt

Der Mieter ist wohnhaft in Berlin und schloss am 19.03.1984 einen Mietvertrag über eine Wohnung ab. Die Nettomiete betrug bis zum Juni 2013 307,20 Euro. Die damalige Vermieterin brachte einen Balkon an der Wohnung an und verlangte eine Mieterhöhung. Der Mieter und die damalige Vermieterin stritten sich über die Höhe und verglichen sich schlussendlich auf eine Erhöhung um 55 Euro. 

Seit März 2012 minderte der Mieter die Miete um 20%, da er der Ansicht war, dass ein an einer anderen Wohnung angebrachter Balkon seine Wohnung verschatte. Die vereinbarte Mieterhöhung ab Juni 2013 entrichtete der Mieter auch ab August 2013 auch nicht. 2017 erhobt die neue Eigentümerin und damit Vermieterin der Wohnung Klage auf Zahlung gegen den Mieter. Sie gewann im Wesentlichen die Klage. Allerdings entrichtete der Mieter weiterhin den nach seiner Ansicht rechtmäßig geminderten Mietzins. Wegen der Mietrückstände kündigte die Vermieterin am 26.04.2018 fristlos und außerdem hilfsweise ordentlich das Mietverhältnis. Nach Zustellung der im Zuge der erklärten Kündigung ergangenen Räumungsklage, überwies der Mieter den ausstehenden Mietzins von über 5.000 Euro. 

Kündigungen befassen die Gerichte immer wieder. Informieren Sie sich daher hier mithilfe unseres allgemeinen Beitrags zur Beendigung des Mietvertrages über die geltenden Bestimmungen oder hier über die besonderen Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung.

Schonfristzahlung macht Kündigung unwirksam

Das Bürgerliche Gesetzbuch ("BGB") geht von einem starken Mieterschutz aus. Eine Ausprägung dieses Mieterschutzes ist die sogenannte Schonfristzahlung, die in § 569 BGB geregelt ist. Nach der Regelung wird eine erklärte außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges unwirksam, wenn der Mieter zwei Monate nach Rechtshängigkeit (regelmäßig betrifft das die Zustellung) die ausstehenden Mietschulden begleicht: 

§ 543 BGB Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. (…)

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn (…) der Mieter

a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist (…).

§ 569 BGB Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

[…]

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

[...]

2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. […]

Die Besonderheit des vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Falles war die Frage, ob sich sich die nachträgliche Zahlung der Mietschulden auch auf die ordentlich erklärte Kündigung auswirkt. Das hatte das Landgericht als Berufungsinstanz angenommen. 

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Vorinstanzen: Kündigung nicht wirksam

Das Amtsgericht Lichtenburg entschied, dass jedenfalls die ordentliche Kündigung wirksam sei. Die Berufungsinstanz, das Landgericht Berlin, wies die Räumungsklage dagegen ab. Das Landgericht führte aus, dass zwar der Bundesgerichtshof 2005 entschieden hatte, dass die Schonfristzahlung nur die außerordentliche Kündigung erfasse, aber seit 2005 so viel Zeit vergangen sei, dass eine erneute Beurteilung angezeigt sei. Diese ergebe, dass davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber auch den Fall der ordentlichen Kündigung von der Schonfristzahlung erfasst sehen wollte.

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BGH: Keine neue Beurteilung notwendig

Der Bundesgerichtshof behielt seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2005 bei. Es sei keine neue Beurteilung angezeigt. Dafür streite vor allem, dass der Gesetzgeber eine Ausweitung der Schonfristklausel auf ordentliche Kündigungen angedacht hatte, diese aber nicht weiterverfolgte. Daraus lasse sich der gesetzgeberische Wille ablesen. 

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Fazit

Eine außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges kann selbst nach Zustellung der Räumungsklage abgewendet werden. Gegen eine ordentliche Kündigung gibt es hingegen keine Abwehrmöglichkeiten. Daher bietet es sich an schon im Vorfeld, wenn gerade etwaige Mietminderungen thematisiert werden, anwaltlichen Rat einzuholen. 

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