Leitende Angestellte, die eigentlich keine sind

Geschrieben von: Benedikt Renschler

In vielen Unternehmen ist es Gang und Gäbe, dass einzelne Mitarbeiter den Status eines „leitenden Angestellten“ genießen. In vielen Fällen sind sie dies aber de facto nicht. Dem Arbeitgeber ist allerdings oft daran gelegen sein, dass seine Mitarbeiter als „leitend“ gelten. Denn dann gelten geringere Anforderungen etwa für Kündigungen oder Arbeitszeiten.

Was ist ein leitender Angestellter?

Welcher Mitarbeiter ist tatsächlich „leitend“? Man denkt im ersten Moment - logischerweise - an denjenigen, der etwas im Unternehmen leitet. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass das viel zu weit gefasst ist; leitet schließlich jeder Schichtleiter seine Schicht sowie jeder Abteilungsleiter der Betriebserhaltung die anderen Hausmeister „leitet“. Auch der Koordinator der Reinigungskräfte ist eher nicht in wirklich „leitender“ Position.

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Das Gesetz definiert viel mehr recht eindeutig, was ein „leitender Angestellter“ eigentlich ist. Nach § 5 III, IV Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss ein leitender Angestellter „nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen“ bestimmte Eigenschaften erfüllen. Dazu zählt etwa, zum Einstellen oder Entlassen von Arbeitnehmern berechtigt zu sein (§ 5 III Nr. 1 BetrVG), eine Generalvollmacht oder Prokura, die auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist, zu haben (Nr. 2) oder Entscheidungen bzgl. der Entwicklung des Unternehmens frei treffen kann (Nr. 3).

Absatz 4 legt dann noch fest, wer „im Zweifel“ als leitender Mitarbeiter anzusehen ist. Dies soll etwa für denjenigen gelten, der dazu aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats oder Kraft gerichtlicher Entscheidung dazu zugeordnet wurde (Nr. 1). Auch soll es gelten, wenn der Mitarbeiter einer Leitungsebene Angehört, wo überwiegend leitende Angestellt vertreten sind (Nr. 2). Des Weiteren soll von einem leitenden Mitarbeiter ausgegangen. Werden können, wenn das sein Jahresentgelt das durchschnittliche ums dreifache übersteigt (also etwa im Jahr 2023 ein Jahresentgelt von mehr denn 122.200 Euro).

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Selbstständigkeit

Ein „leitender Angestellter“ im Sinne des Gesetzes braucht also ein großes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit im Unternehmen. Außerdem, so schreibt es das Gesetz eindeutig vor, muss dass, was ihn zum leitenden Angestellten macht auch in seinem Arbeitsvertrag stehen.

Firmenintern als „leitend“ tituliert zu werden, reicht demnach in den allermeisten Fällen eben nicht aus, um tatsächlich „leitender Angestellter“. In der Praxis gibt es demnach viel weniger „echt“ leitende Angestellte als „unechte“.

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Andere gesetzliche Vorschriften für leitende Angestellte

Die Regelungen, die für leitende Angestellte gelten sind darüber hinaus oft gravierend unterschiedlich zu denen, die für normale Angestellte gelten. Etwa gem. § 18 I Nr. 1 Arbetszeitgesetz (ArbZG) gilt, dass die Vorschriften über Arbeitszeiten für leitende Angestellt und Chefärzte keine Anwendung finden. Auch die Tatsache, dass „leitende Angestellte“ mit Chefärzten angeführt werden, gibt Aufschluss darüber, wie „leitend“ ein Mitarbeiter wirklich sein muss, um als „leitend“ gelten zu können. Dass die Vorschriften über Arbeitszeiten für leitende Angestellte also nicht gelten, kann für Unternehmen bei Streitigkeiten etwa über Überstunden von Vorteil sein. Es ist keine Seltenheit, dass Unternehmen daher versuchen, bei Streitigkeiten die jeweiligen Mitarbeiter als „leitend“ darzustellen.

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Auch § 14 II des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) benachteiligt den „leitendenden“ gegenüber dem normalen Angestellten. So hat der leitende Angestellte etwa bei einer Kündigung kein Recht auf Kündigungseinspruch gem. § 3 KSchG. Auch bedarf es gegenüber „leitenden Angestellten“ keiner Begründung der Kündigung im Sinne des § 9 I Satz 2 KSchG.

Mit anderen Worten: Kommt es zur Kündigung, ist es für einen Angestellten unangenehm, als leitend zu gelten. Angestellte, die als „leitend“ behandelt werden, tun gut daran, zu wissen, dass sie eigentlich keine „leitenden Angestellten“ im Sinne des Gesetzes sind.

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