Ein Ehegatte kann die auf seinen Ehepartner laufende Vollkaskoversicherung für das Familienauto auch ohne dessen Vollmacht kündigen. So lautet das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 28.02.2018.
Gemäß § 1357 Abs. 1 BGB ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen.
(1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. [...]
Nach Ansicht der Richter gelte dies auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung. Damit bestätigten sie die Entscheidungen der vorigen Instanzen, welche die Klage einer Frau abgewiesen hatten, welche auf die Zahlung von Versicherungsleistungen geklagt hatte, nachdem ihr Ehemann die von ihr unterhaltene Vollkaskoversicherung gekündigt hatte (Dezember 2014) und das Fahrzeug anschließend bei einem Unfall beschädigt worden war (Oktober 2015).
Zwar gebe es keine gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten, die Kündigung des Ehemannes sei dennoch wirksam, da es sich bei dem Abschluss des Versicherungsvertrages im konkreten Fall um ein sog. „Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“ handle. Dies ergebe sich daraus, dass der auf den Ehemann zugelassene Pkw das einzige von der Familie genutzte Fahrzeug sei. Des Weiteren bewege sich der zu zahlende Versicherungsbeitrag iHv 145 € bezogen auf die Bedarfsdeckung der Familie im vorliegenden Fall noch in einem angemessenen Rahmen, sodass eine vorherige Absprache der Ehegatten auch nicht erforderlich erschien.
Eheleuten ist es möglich, für und gegen den jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen. Anders herum muss es ihnen folglich erlaubt sein, sich von diesen Rechten und Pflichten auch mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen. Dies ändert auch nicht, dass der die Kündigung aussprechende Ehegatte (hier: Ehemann) nicht derjenige gewesen ist, der die Verpflichtung des anderen Ehegatten (hier: Ehefrau) gemäß § 1357 Abs. 1 BGB ursprünglich begründet hat. Die Klägerin hatte vorsorglich, ein Jahr nach Ende des Versicherungsverhältnisses (Januar 2016), die Kündigung widerrufen wollen. Dies sei aber nach Ansicht der Richter nicht möglich gewesen, da die Kündigung als rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt (Januar 2015) zur Folge hatte.
Ob ein bestimmtes Geschäft, wie die Kündigung einer Vollkaskoversicherung, seiner Art nach der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs einer Familie dient, richtet sich nach den individuellen Verhältnissen der Familie. Zudem muss es im konkreten Fall angemessen sein. Dann ist es beiden Ehegatten im Bezug auf dieses Geschäft möglich, dieses zu begründen oder auch wieder zu beenden, ohne hierfür das Einverständnis des Partners einzuholen. Handelt es sich wie im vorliegenden Fall um Versicherungsverhältnisse, ist es daher ratsam, sich mit dem Ehegatten zu verständigen, um mögliche Schäden zu vermeiden, die durch fehlenden Versicherungsschutz entstehen können.
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Schumacher | Rechtsanwälte · Notare · Steuerberater
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