Krankheitsbedingte Zuzahlungen - Steuerliche Berücksichtigung?

Geschrieben von: Henrik Noszka

Versicherte ab 18 Jahren müssen zu bestimmten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sogenannte Zuzahlungen leisten oder einen Eigenanteil entrichten. Das gilt etwa für bestimmte Arzneimittel, Krankenhausaufenthalte, einen Zahnersatz und viele mehr. Auch sonst können im Rahmen von Erkrankungen (Folge)Kosten entstehen. Überschreiten diese Zuzahlungen oder sonstige mit Krankheiten in Verbindung stehende Kosten sogenannte Belastungsgrenzen, stehen verschiedene Wege offen, diese Kosten geltend zu machen. Zuerst können (und ggf. müssen) gesetzlich Versicherte eine Zuzahlungsbefreiung bei der jeweiligen Krankenkasse beantragen. Die Kosten können aber auch - sofern sie dieser Zuzahlungsbefreiung nicht unterfallen - auch im Rahmen der Steuererklärung als "außergewöhnliche Belastungen" deklariert und somit berücksichtigt werden.

Was sind Zuzahlungen?

Das Bundesgesundheitsministerium definiert Zuzahlungen wie folgt:

„Die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung haben sich an den Kosten  bestimmter Leistungen zu beteiligen. Der Eigenanteil soll bewirken, dass die Versicherten im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf eine kostenbewusste und verantwortungsvolle Inanspruchnahme  von Leistungen Wert legen. 

Grundsätzlich zahlen Versicherte Zuzahlungen in Höhe von 10% des Abgabepreises,  mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro. Es sind jedoch nicht mehr als die Kosten des  jeweiligen Mittels zu entrichten.“

Hier erfahren Sie mehr zu den Zuzahlungsbeträgen!

Zuzahlungen im weiteren Sinne: Für alle krankheitsbedingten Sonderzahlungen

Der Begriff der Zuzahlung ist dem Sozialversicherungsrecht entnommen. Im Steuerrecht können aber mehr Zuzahlungen Berücksichtigung finden als im Sozialversicherungsrecht. Es sind zahlreiche andere Kosten denkbar, die mittelbar oder unmittelbar mit einer Krankheit zusammenhängen - etwa Kosten für Fettabsaugung (Liposuktion) oder Kosten für eine Haartransplantation.

Berücksichtigung auf zwei Wegen

Zuzahlungen können auf zwei Wegen Berücksichtigung finden. Über die gesetzliche Krankenversicherung oder die Steuererklärung. Es ist jedoch zwingend zu differenzieren: Die steuerliche Berücksichitgung hat andere Anforderungen als diejenige der gesetzlichen Krankenversicherung.

Überschreiten Zuzahlungen eine bestimmte Belastungsgrenze, können gesetzlich Versicherte sich an ihre Versicherung wenden. Dies geschieht im Rahmen einer Zuzahlungsbefreiung, die an die jeweilige gesetzliche Krankenversicherung zu richten ist. Die Versicherungen wendet sich natürlich nicht automatisch an die Versicherten, sobald ihre Zuzahlungsgrenze überschritten ist. Vielmehr muss sich der Versicherte per Antrag an sie richten und um eine Befreiung erbitten. Das kann geschehen, sobald er (bzw. die gesamte Familie) die Zumutbarkeitsgrenze überschritten hat oder aber auch, wenn absehbar ist, dass diese Grenze überschritten wird.

Dem Antrag sind die originalen Zuzahlungsbelege, Kopien der Einkommensnachweise sowie eventuell das Muster 55 (für chronisch Erkrankte) beizufügen.

Hinweis: Hier können Sie etwa das Formular der AOK aufrufen. Alle Krankenkassen müssen ein entsprechendes Formular bereitstellen. Gerne unterstützen wir bei dem Antrag und den Berechnungen der Belastungsgrenzen.

Zur Berechnung der Belastungsgrenze bei Zuzahlungsbefreiung

Die Belastungsgrenze orientiert sich am Familienbruttoeinkommen. Allgemein gilt, dass Versicherte nicht mehr als zwei Prozent ihres jährlichen Bruttoeinkommens (abzüglich zu berücksichtigender Freibeträge; bei chronisch Erkrankten ein Prozent) für Zuzahlungen aufwenden müssen. Der Gesetzgeber geht dabei von einem Familienbruttoeinkommen aus. Deshalb kommt es auch darauf an, wie viele Personen dem gemeinsamen Haushalt angehören und von dem Einkommen leben müssen.

Im Jahr 2024 besteht bei einer Familie für den jeweiligen Ehepartner ein Freibetrag von 6.363 Euro. Für jedes minderjährige oder familienversicherte Kind des Mitgliedsnahm es einen Freibetrag stehen zusätzlich 9.312 Euro an.

Beispiel: Hat eine Familie mit zwei mitversicherten Kindern etwa ein Jahresbruttoeinkommen von 50.000 Euro besteht für sie ein Freibetrag von 24.987 Euro. Die gesamte Familie muss - damit die Zuzahlungsbefreiung greift - mehr als zwei Prozent der verbleibenden 25.013 Euro, also mehr als 499,74 Euro, ausgeben.

Zusätzliche Kosten fallen nach Überschreiten der 499,74 Euro "Selbstbeteiligung" für die Familie nicht mehr an.

Hinweis: Krankenversicherungen haben Zuzahlungsrechner, etwa hier derjenige der Techniker.

Hinweis: Bei unverheirateten Paaren erfolgt die Berechnung getrennt.

Berücksichtigung per Steuer

Zuzahlungen, die nicht bei der Zuzahlungsbefreiung berücksichtigt werden (etwa weil die Krankenversicherung sie nicht anerkennt oder sie unter die Anerkenntnisschwelle fallen), können aber auch nachträglich Berücksichtigung finden. Das geschieht in der Steuererklärung durch die Angabe als „außergewöhnliche Belastung“ (Zeile 31). Auch hier müssen die Zuzahlungen eine Belastungsgrenze überschreiten, deren Berechnung aber leicht von derjenigen bei der Zuzahlungsbefreiung, die an die Krankenkasse zu richten ist, abweicht.

Nach § 33 des Einkommenssteuergesetzes können solche Aufwendungen eingereicht werden, die Steuerpflichtigen zwangsläufig anfallen. Aufwendungen fallen zwangsläufig an, wenn sich Steuerverpflichtete ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen können und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
Der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten „ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung“ dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Entsprechend geht er von einem weiten Anwendungsbereich für Krankheitskosten und deren Folgekosten aus.

Schon gewusst? Die Mehrwertsteuer

Absetzbare Kosten

Die absetzbaren Kosten, die im Rahmen der „außergewöhnlichen Ausgaben“ angebracht werden können, geht weiter als diejenigen, die im Rahmen der Zuzahlungsbefreiung Berücksichtigung finden. Zu ihnen gehören unter anderem Kosten für:

  • Rezeptpflichtige Arzneimittel
  • Nicht rezeptpflichtige Arzneimittel (sofern die jeweilige Ärztin sie anordnet)
  • Unterbringung im Klinikum
  • Folgen einer Krankheit
  • Brille oder Kontaktlinsen
  • Geburt eines Kindes
  • Haarausfall-Behandlung oder ein Toupet
  • Homöopathie
  • Impfungen
  • Krankengymnastik
  • Liposuktion
  • Logopädische Behandlung
  • Künstliche Befruchtung
  • Zahnarztbehandlung
  • Zahnspange
  • Fahrtkosten

Wichtig: Die Kosten müssen medizinisch indiziert sein, es bedarf also grundsätzlich eines Rezeptes. Dies sollte aufbewahrt werden.

Hinweis: Medizinische Hilfsmittel (Rollstühle etc.) sind ebenfalls absetzbar!

Keine steuerliche Berücksichtigung, wenn Krankenkasse gezahlt hätte

Hätte die (gesetzliche) Krankenkasse die Kosten übernommen, werden sie nicht steuerlich berücksichtigt. Der erste Weg sollte also grundsätzlich über die Krankenkasse erfolgen. Besteht ein Anspruch auf eine Zuzahlungsbefreiung für bestimmte Kosten, können diese nicht mehr im Rahmen einer Steuererklärung berücksichtigt werden.

Was ist eine „zumutbare Belastung“?

Der „zumutbaren“ Belastung wird der Gesamtbetrag der Einkünfte zugrunde gelegt. Das ist in der Regel das Bruttoeinkommen abzüglich aller Werbungskosten (jedenfalls die Werbungskostenpauschale). Zusätzlich kommen Freibeträge hinzu, etwa der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (4.260 Euro im Jahr 2024).
Die Berechnung der Zumutbarkeitsgrenze basiert sodann auf zwei Faktoren: Diesem Gesamtbetrag der Einkünfte und der Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder.

Auf Basis des Gesamtbetrages der Einkünfte fällt der Steuerpflichtige in eine von drei Gruppen:

  • bis 15 340 Euro
  • 15 340 Euro bis 51 130 Euro
  • über 51 130 Euro

Je nach Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder besteht eine Belastungsgrenze zwischen sieben Prozent (keine Kinder, mehr als 51 130 Euro Gesamteinkünfte) bzw. ein Prozent (zwei bis drei Kinder, bis 15 340 Euro Gesamtbetrag der Einkünfte).

Hinweis: Im Gesetzestext ist eine Tabelle über die Belastungsgrenze einsehbar. Sollte sich ein Steuerverpflichteter an nach an einer Einkommensgrenze befinden (etwa 15 400 Euro Gesamteinkünfte) kann es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gerechtfertigt sein, dass der Steuerverpflichtete eine für ihn günstigere Belastungsgrenze erhält.

Mehr Ausgaben anrechenbar als „außergewöhnliche Belastungen“

Als außergewöhnliche Belastungen fallen mehr Ausgaben an, als diejenigen, die im Rahmen mit Krankheiten entstehen - etwa Kosten im Rahmen eines Baudenkmales oder einer Beerdigung. Hauptanwendungsfall sind jedoch Krankheiten und all ihre Folgen.

Tipp: Alle Belege sammeln

Es bietet sich an, alle Belege zu sammeln und auszurechnen, wie groß eigentlich die im Zusammenhang mit Krankheit anfallenden Kosten sind.

Sie haben noch Fragen?
Wir sind für Sie da!
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne auch persönlich zur Seite. Terminvereinbarungen können Sie während unserer Bürozeiten unter der Telefonnummer 0201-24030 oder per Email unter info@schumacherlaw.com vornehmen.
Bürozeiten: Mo - Do: 08:00 – 17:00 Uhr, Fr: 08:00 – 15:00 Uhr
Telefon: 0201-24030
info@schumacherlaw.com
chevron-down
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram