Kosten für Desinfektion sind erstattungsfähiger Schaden

veröffentlicht am in der Kategorie Allgemein Allgemeines Zivilrecht Corona

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat das Thema Hygiene in vielen Bereichen des Alltagslebens immer mehr an Bedeutung gewonnen. So hat nun auch das Landgericht (LG) Stuttgart entschieden, dass ein Unfallgegner auch die Kosten einer Autodesinfektion zwecks Reparaturarbeiten teilweise tragen muss.

Der Sachverhalt

Das Auto der Klägerin wurde bei einem fremdverschuldeten Unfall beschädigt. Daraufhin brachte sie es in eine Werkstatt, wo sie es reparieren ließ. Vor der Reparatur sowie vor Abholung wurde das Auto außerdem von der Werkstatt desinfiziert. Hierfür wurden von der Werkstatt 57,30 Euro in Rechnung gestellt. Diese Desinfektionskosten wollte die Unfallverursacherin aber nicht zahlen, weil sie diese im Rahmen der Schadenbeseitigung nicht für notwendig hielt.

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Ersatz der „erforderlichen“ Kosten

Wer wegen der Beschädigung einer Sache einen Anspruch auf Schadensersatz hat (z.B. bei einem fremdverschuldeten Autounfall), kann gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlichen Geldbetrag verlangen. Das heißt, dass beispielsweise vom Unfallverursacher die Kosten erstattet verlangt werden können, die anfallen, weil der Unfallschaden in einer Werkstatt repariert wird. 

Was erforderlich ist, richtet sich danach, was ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch für zweckmäßig und angemessen hält.

Bei der Beschädigung einer Sache ist die Umsatzsteuer dabei nur zu ersetzen, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, § 249 Abs. 2 S. 2 BGB.

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Sind Desinfektionskosten „erforderlich“?

Nachdem die Klägerin im Streitfall vor dem Amtsgericht Stuttgart noch keinen Erfolg hatte, bekam sie nun vor dem LG teilweise Recht. Das Gericht entschied, dass die Desinfektion der wesentlichen Kontaktflächen vor Abholung des Autos in Zeiten der Pandemie zu erwarten und im Rahmen der Schadensbeseitigung erforderlich sei. Dementsprechend habe die Unfallverursacherin auch diese Kosten zu ersetzen.

Sicherheitsgefühl ist schützenswert

Dabei sei nicht entscheidend, wie wahrscheinlich eine Schmierinfektion tatsächlich ist, so die Richter:innen. Vielmehr liege bereits eine Beeinträchtigung in dem Umstand, den privaten PKW ohne eine solche Desinfektion entgegen nehmen zu müssen. Denn „das eigene Fahrzeug ist ein Bereich der Privatsphäre, in dem die Empfindlichkeit hinsichtlich der hygienischen Verhältnisse und möglicher Kontaminationen von außen besonders hoch ist.“ – so das LG.

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So kann die betroffene Person nicht wissen, wie viele Werkstattmitarbeiter wie lange in dem Auto waren und die Infektionsgefahr als medizinischer Laie nicht ausschließen. Das „Sicherheitsgefühl“ des Einzelnen, sich keinem Infektionsrisiko auszusetzen, bewertet das LG im Zuge der möglichen schweren Folgen einer Infektion mit dem Corona-Virus „und der zum Teil unklaren Informationslage“ als schützenswert.

In diesem Zusammenhang sei es auch keine zumutbare Alternative, das eigene Auto nur noch mit Maske und Hygienehandschuhen zu nutzen.

Geringer Kostenaufwand

Das Gericht schätzt den Aufwand einer solchen Desinfektion dabei als gering ein. Es genüge, die Flächen mit Desinfektionsspray oder -tuch zu behandeln. Die Kammer setzt die Kosten dafür auf 25 Euro plus Umsatzsteuer fest. Damit sprach es der Klägerin einen Betrag in Höhe von 29,75 Euro zu.

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Keine Desinfektion vor oder während der Reparatur

Eine darüber hinausgehende Desinfektion des Autos vor oder während der Reparatur stufte das Gericht hingegen nicht als ersatzfähig ein. Begründet wurde dies damit, dass sich Werkstattmitarbeiter während der Arbeiten am Fahrzeug auch durch Masken und Hygienehandschuhe hinreichend schützen könnten.

Die über die für die abschließende Desinfektion hinausgehenden Kosten muss die klagende, geschädigte Frau daher selber bezahlen. 

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