Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 7.10.2022 entschieden, ob Flugreisende vom Flughabenbetreiber Schadensersatz erhalten, wenn ihr Koffer währen der Gepäckverladung gestohlen wird (Az.: 2-28 O 238/21).
Der Sachverhalt
Die klagenden Fluggäste waren im Februar 2020 mit einem Flug aus Bahrain in Frankfurt gelandet. Während ein Beschäftigter der Betreiberin des Frankfurter Flughafens das Gepäck auf seinen Gepäckwagen entlud, kamen zwei Männer zur „Hilfe“. Sie trugen gelbe Warnweste und fuhren mit einem Kleinwagen zum Gepäckverladebereich heran. Der Zugang zu diesem Areal ist dabei nur für berechtigte Personen beschränkt. Die beiden Männer forderten den Mitarbeiter des Flughafen auf, fünf Koffer von seinem Gepäckwagen abzuladen. Die Männer nahmen diese Koffer mit. Die klagenden Fluggäste gaben an, dass sich in den Koffern Kleidungsstücke der Marke Louis Vuitton befunden haben, die einen Gesamtwert von circa 300.000 Euro gehabt haben sollen. Das Gepäck war nicht versichert.
Die Fluggäste sind der Ansicht, dass die Betreiberin des Frankfurter Flughafens diesen nicht ausreichend vor Dieben gesichert habe.
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Übereinkommen von Montreal
Der Flugverkehr ist größtenteils international vereinheitlicht. Das wichtigste Dokument ist das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr („Übereinkommen von Montreal“) von 1999. Das Abkommen regelt grundsätzlich auch Schadensersatzansprüche, die während Flugreisen entstehen.
Artikel 17 Tod und Körperverletzung von Reisenden – Beschädigung von Reisegepäck Übereinkommen von Montreal
(1) […]
(2) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.
(3) […]
Allerdings hat dieser Anspruch einige Besonderheiten. Zum einen muss er sich gegen den Luftfrachführer richten. Zum anderen sind Schadensersatzansprüche nach dem Übereinkommen von Montreal gedeckelt:
Artikel 22 Haftungshöchstbeträge bei Verspätung sowie für Reisegepäck und Güter Übereinkommen von Montreal
(1) […]
(2) Bei der Beförderung von Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 1000 Sonderziehungsrechten je Reisenden; diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Reisende bei der Übergabe des aufgegebenen Reisegepäcks an den Luftfrachtführer das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. In diesem Fall hat der Luftfrachtführer bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Reisenden an der Ablieferung am Bestimmungsort.
1000 Sonderziehungsrechte entsprechen circa 1 500 Euro. Das bedeutet, dass das Übereinkommen von Montreal unvorteilhaft ist, sofern es um größere Summen geht, die ersetzt werden sollen.
Hinweis: Der Umrechnungskurs von Sonderziehungsrechten kann hier eingesehen werden.
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LG Frankfurt: Flughafen ist kein Frachführer
Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Übereinkommen von Montreal, die ohnehin nur einen geringfügigen Teil des behaupteten Schadens decken würden, urteile das Gericht, dass die Flughafenbetreiberin keine Luftfrachführerin sei. Die Flughafenbetreiberin hatte zwar mit der Fluggesellschaft vereinbart, dass sie das Ausladen des Gepäcks übernehme. Dies reiche jedoch nicht aus, um als Luftfrachführerin klassifiziert zu werden. Luftfrachführerin bleibe die Fluggesellschaft. An diese sei sich entsprechend zu halten.
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LG Frankfurt: Auch keine weitergehenden Ansprüche
Die Kläger beriefen sich aber auch darauf, dass die Betreiberin des Flughafens diesen nicht ausreichend gesichert habe. Dem folgte das Landgericht nicht. Dazu führte es aus, dass die Diebe geschickt vorgegangen seien. Sie hätten den Gepäckfahrer durch ihr Auftreten und ihre Kleidung erfolgreich davon überzeugt, für den Flughafen tätig zu sein. Der Mitarbeiter des Flughafen sei entsprechend getäuscht worden. Der Flughafenbetreiberin könne daher nicht der Vorwurf gemacht werden, sie haben den Mitarbeiter nicht erfolgreich ausgewählt. Dazu seien die Diebe zu überzeugend vorgegangen und es sei nicht ersichtlich, wie eine „bessere“ Auswahl einem solchen Diebstahl vorbeugen könnte.
Ferner führte das Gericht aus, dass auch eine etwaige Videoüberwachung des Ausladebereiches der Täuschung nicht entgegengewirkt hätte.
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Fazit
Der ziemlich spezielle Fall verdeutlicht, wieso beim Transport von kostbaren Gütern im (Flug)Verkehr erhöhte Sorgfalt geboten ist. Da die Diebe voraussichtlich nicht auffindbar sind, stehen die klagenden Flugreisenden höchstens mit einem finanziell sehr gering bemessenen Anspruch gegen die Fluggesellschaft dar. Insgesamt lohnt sich also eine vorherige rechtliche Konsultation, um Risiken auszuschließen.
Noch Fragen
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Ihre Kanzlei Schumacher & Partner
Rechtsanwälte für Reiserecht in Essen