Oftmals kommt es bei einer Zweipersonen-GmbH, bei welcher die beiden Gesellschafter auch gleichzeitig hälftig die Geschäftsführer sind, zu persönlichen Unstimmigkeiten, welche zu Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern führen. Dies führt sodann häufig zu einer gegenseitigen Abberufung der Gesellschafter-Geschäftsführer. Die wechselseitige Abberufung hat jedoch in vielen Fällen eine drohende Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft zur Folge, welche rechtliche Unsicherheiten mit sich bringt. Teilweise wird daher vertreten, dass für eine zweigliedrige GmbH ein Sonderrecht bestehen muss, um dessen Handlungsfähigkeit auch während Konfliktsituationen zwischen den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern aufrecht zu erhalten.
Eine Abberufung eines Gesellschafters ist nach § 38 I Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung („GmbHG„) grundsätzlich zu jeder Zeit möglich, sofern gemäß § 38 II GmbHG ein wichtiger Grund für die Abberufung gegeben ist. Solch ein wichtiger Grund liegt vor, sofern die weitere Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft unzumutbar erscheint. Um dies zu bestimmen, ist eine einzelfallabhängige Interessenabwägung vorzunehmen, welche sämtliche Umstände und Interessen aller Gesellschafter berücksichtigt. Besonders Umstände wie fehlerhafte Handlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit schweren Folgen für die Gesellschaft oder ein Vertrauensverlust oder erhebliche Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschafter-Geschäftsführern sind dabei zu beachten.
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Teile der Rechtsprechung verlangen allerdings, dass an eine zweigliedrige GmbH besondere Anforderung eines wichtigen Grundes zu stellen sind, um deren Handlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Es wird unteranderem vertreten, dass ein reiner Vertrauensverlust oder eine Zerrüttung zwischen den Gesellschafter-Geschäftsführern nicht ausreiche, um eine beidseitige Abberufung zu begründen. Der BGH und die somit herrschende Ansicht spricht sich hingegen gegen einen strengeren Maßstab zum Vorliegen eines wichtigen Grundes bei einer Zweipersonen-GmbH aus. Ein Zerstreiten der beiden Parteien sei mithin völlig ausreichend für eine Abberufung, wenn dessen Zusammenarbeit dann nicht mehr möglich sei. Bezüglich der Abberufungsentscheidung besteht für den abzuberufenden Geschäftsführer ein Stimmverbot nach § 47 IV GmbHG analog.
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Gegen die eigene Abberufung können die jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführer Anfechtungsklage einlegen, sofern die Abberufung förmlich beschlossen wurde. Wurde kein förmlicher Beschluss über die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers gefasst, so kann dieser in Form einer allgemeinen Feststellungsklage klagen. Entscheidend für den Erfolg der Klage ist dabei stets die Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung. Wird die Anfechtungsklage jedoch nicht innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung eingelegt, so gilt der Abberufungsbeschluss als rechtskräftig.
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Schließlich stellt sich noch die Frage, welche Rechte den abberufenen Geschäftsführern innerhalb der GmbH zustehen, während geklärt wird, ob die Abberufung rechtmäßig war. Steht ihnen die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis noch zu? Der BGH bejaht dies. Eine analoge Anwendung des § 84 IV Aktiengesetz, durch welche die Abberufung vorläufig wirksam wäre, sei bei einer zweigliedrigen GmbH nicht passend, da dies den Missbrauch der Abberufung ermöglichen würde. Denn durch eine vorläufig wirksame Abberufung könnten Meinungsverschiedenheiten ausgeschaltet werden. Auch eine analoge Anwendung der §§ 117, 127 Handelsgesetzbuch komme nicht in Betracht. Grundsätzlich haben die abberufenen Gesellschafter also bis zur Entscheidung des Gerichtes über die Abberufung alle Befugnisse. Es können allerdings einstweilige Verfügungen erlassen werden, um Unklarheiten zu vermeiden.