Birkenstocks! Charakteristisches Design mit Korksohle, Lederriemen und Schnalle. Diesen Look wollte der Hersteller, der seit 2021 zum Luxusmarken-Konglomerat Louis Vuitton Moët Hennessy gehört, urheberrechtlich schützen lassen. Der BGH kam nach langwieriger Verhandlung zu einer Entscheidung.
Nachdem sich der rheinländische Schuhproduzent von Konkurrenten nachgeahmt fühlte, versuchte es gerichtlich durchzusetzen, dass es sich bei den Schlappen um „geschützte Werke der angewandten Kunst“ gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG handelt.
Für die Konkurrenten ging es dabei um gravierende Folgen: Verletzt das Produkt nämlich das geistige Eigentum eines anderen, so kommt es üblicherweise zu Schadensersatz, Unterlassungsansprüchen und sogar zum Rückruf und der Vernichtung der Ware.
Der Rechtsstreit um den Urheberrechtsschutz für Birkenstock-Sandalen ging durch mehrere Instanzen, bevor der Bundesgerichtshof (BGH) nun abschließend entschied (Urt. v. 20.02.2025 – I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24). Zunächst hatte das Landgericht (LG) Köln dem Unternehmen Birkenstock Recht gegeben und urheberrechtlichen Schutz für die berühmten Sandalen bejaht. Die Gestaltung, insbesondere die Knochenmustersohle und das minimalistische Design, erfüllte nach Ansicht des LG Köln die Voraussetzungen eines Werks der angewandten Kunst.
Damit hätte Birkenstock rechtlich gegen Nachahmer vorgehen können.
In der Berufung hob das Oberlandesgericht (OLG) Köln diese Entscheidung jedoch auf. Nach Ansicht des Gerichts fehle es den Sandalen an der notwendigen künstlerischen Gestaltungshöhe, die über eine rein funktionale und handwerkliche Gestaltung hinausgehe. Das OLG argumentierte, dass Karl Birkenstock sich bei der Entwicklung der Sandalen an bereits bekannten Formen orientiert habe und damit keine eigenständige schöpferische Leistung im Sinne des Urheberrechts vorliege. Diese Einschätzung wurde nun vom BGH bestätigt.
Der BGH betonte, dass für den Urheberrechtsschutz eines Werks der angewandten Kunst ein erkennbarer künstlerischer Gestaltungsspielraum vorliegen müsse, der auch tatsächlich in kreativer Weise genutzt wurde. Maßgeblich sei eine gewisse „Gestaltungshöhe“, die über das rein Funktionale hinausreiche. Dies sei bei den Birkenstock-Sandalen nicht der Fall. Die Gestaltung sei vor allem durch orthopädische und ergonomische Anforderungen geprägt, nicht durch eine künstlerische Schöpfung. Damit scheidet ein Urheberrechtsschutz aus.
Die Entscheidung verdeutlicht, dass der Kern des Streits in der Abgrenzung zwischen Design und Kunst lag. Während Design vor allem funktionalen Anforderungen gerecht werden muss – etwa Bequemlichkeit oder orthopädische Anpassungen –, verfolgt Kunst eine über den reinen Gebrauchswert hinausgehende ästhetische oder kreative Intention.
Das LG Köln hatte die Sandalen noch als kreatives Werk mit eigener Gestaltungshöhe angesehen, während OLG Köln und BGH sie als handwerklich geprägtes Produkt einstuften, das primär auf Zweckmäßigkeit ausgerichtet sei. Der BGH stellte klar, dass für urheberrechtlichen Schutz eine „nicht zu geringe Gestaltungshöhe“ erforderlich ist, die über das rein Handwerkliche hinausgeht.
Obwohl Birkenstock nun keinen urheberrechtlichen Schutz für seine Sandalen erhält, hat das Unternehmen angekündigt, weiterhin gegen Nachahmungen vorzugehen. Neben dem Urheberrecht könnten auch marken-, design- oder wettbewerbsrechtliche Schutzmechanismen genutzt werden, um die eigene Marktstellung zu sichern.
Das Urteil des BGH verdeutlicht erneut die strengen Anforderungen an den Urheberrechtsschutz für Gebrauchsgegenstände und zeigt die Grenzen des Schutzes funktionaler Designs auf.