Haftung für fehlerhafte Produkte

Geschrieben von: Benedikt Renschler

Die im Jahre 1985 verabschiedete Richtlinie 85/374/EWG wird angesichts der Tatsache, dass sie auf digitale Produkte nicht vollständig anwendbar ist, erneuert. Die Neufassung der Richtlinie wurde als "ProdHaftRL" im Oktober 2024 vom Europäischen Rat angenommen. Generell geht es dabei um Schadensersatzansprüche bei fehlerhaften Produkten; hierbei ändert sich so einiges für die Hersteller Softwares.

Begriff des "Produkts"

Zunächst fragt sich beim Thema "Produkthaftung", was überhaupt ein Produkt ist. § 2 ProdHaftG findet darauf eine recht klare Antwort: 

"Produkt im Sinne dieses Gesetzes ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität."

Die neue europäische Richtlinie erweitert diesen Begriff und damit ihren Anwendungsbereich. So soll auch Software als "Produkt" im Sinne der ProdHaftRL gelten; auch sog. Stand-Alone-Softwares. Darunter sind diejenigen Softwares zu verstehen, die ohne Hardware, also ohne greifbares Äußeres bestehen. Beispiele hierfür sind Streamingnutzungsdienste oder Schreibprogramme. Keinen Unterschied macht es, ob Software installiert ist (wie etwa Microsoft Office 2019) oder als Abo-Modell besteht (wie etwa Microsoft 365).

Wenn es um eine Software allein geht, soll künftig demnach der Hersteller der Software haften. Bei Produkten mit integrierter Software trifft die Haftung den Endhersteller des Produkts, sowie den Hersteller der Software. Die Verbindung der beiden Produkte - so etwa bei integrierter Sprachsteuerung - soll an der Haftung beider Hersteller nichts ändern.

Eine Ausnahme der Haftung sieht die ProdHaftRL bei sog. Open-Source-Softwares vor, die nicht gewerblich entwickelt wurde und angeboten wird. Das sind Softwares, deren Nutzung für jedermann möglich und deren Quellcode öffentlich ist. 

Wann handelt es sich um Fehlerhaftigkeit?

Bei der neuen ProdHaftRL gibt es unterschiedliche Kriterien, die bei der Beurteilung der Fehlerhaftigkeit zu beachten sind. Beispielhaft sind etwa die individuelle Lernfähigkeit des Produkts oder die zu erwartende gemeinsame Nutzung mit anderen Produkten. 

Gleichsam kann sich Fehlerhaftigkeit auch durch einen Mangel an Cybersicherheit begründet. Etwa ein Verstoß gegen den neuen Cyber Resilience Act (CRA) ist hier denkbar. 

Bezüglich des Zeitpunkts, bis zu dem eine Haftung des Herstellers anzunehmen ist, bringt die ProdHaftRL auch Änderungen mit sich. Entscheidend soll hier nicht der Zeitpunkt sein, an dem das Produkt den Nutzer erreicht, sondern maßgeblich, wann es die "Kontrolle des Herstellers" verlässt. Etwa durch die Möglichkeit von Updates soll die "Kontrolle" weiter beim Hersteller liegen. 

Was ist unter einem Schaden zu verstehen?

Die neue Richtlinie definiert weiter einige Neuigkeiten bezüglich des Vorliegen von Schäden. Als solche sollen künftig etwa die Vernichtung oder die Beschädigung von Daten zählen. Auch Personenschäden sollen möglich sein, sofern die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit medizinisch anerkannt ist. 

Auch immaterielle Schäden, die das nationale Recht anerkennt, sollen künftig bei der Fehlerhaftigkeit von Softwareprodukten ersatzfähig sein.

Eine weitere Belastung für den Hersteller eines fehlerhaften Produkts besteht darin, dass es keine Haftungshöchstgrenze von 85 Millionen Euro für Schäden durch Tod oder Körperverletzung mehr geben soll. 

Beweislast

Bisweilen kann es schwierig sein, zu beweisen, dass das Vorliegen eines Schadens auf die Fehlerhaftigkeit eines Produkts zurückzuführen ist. Aus diesem Grund soll der Kläger (also der Geschädigte) künftig nur Tatsachen darlegen müssen, die dies plausibel erscheinen lassen. Der Beklagte kann sodann vom Gericht dazu verpflichtet werden, Beweismittel offenzulegen. Bei Verstoßen gegen diese Offenlegungspflicht oder gegen die gesetzliche Produktionssicherheitsanforderungen wird nach der ProdHaftRL die Fehlerhaftigkeit vermutet.

Umsetzung von EU-Richtlinien

Richtlinien der EU sind für die Mitgliedstaaten von hoher Bedeutung. Sie sind nicht etwa dispositiv, sondern müssen innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden.

Herstellern ist zu raten, diese zwei Jahre zu nutzen, um ihre Produktion und die damit verbundenen Aufgaben auf die Anforderungen der neuen ProdHaftRL anzupassen. Konkret sollte die Vorbereitung auf folgende Punkte beinhalten:

  1. Klare Dokumentation der Nutzungsweise und der Grenzen der verkauften Software
  2. Evaluierung, ob die eigene "Software" ein Produkt im Sinne der neuen Richtlinie ist
  3. Stetige Überprüfung von Sicherheitsstandards, um frühzeitig mögliche -lücken und Schwachstellen zu finden
  4. Regelmäßige Updates bereitstellen

Bei weiteren Beratungen im Hinblick auf die ProdHaftRL finden Sie bei uns - telefonisch oder vor Ort.

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