Im vorliegenden Fall des Oberlandesgerichts Köln hat sich mit der öffentlichen Zugänglichmachung eines YouTube-Videos beschäftigt (Az. 6 U 107/24). Das Video beinhaltete Teile eines Beitrags, der ursprünglich von der Pay-TV-Plattform „S.“ erstellt wurde. Dann wurde es ohne Zustimmung der Rechteinhaberin auf YouTube hochgeladen. Die Antragstellerin trat dabei im Namen der Rechteinhaberin auf. Das Landgericht Köln hatte entschieden, dass die Antragstellerin keine ausreichenden Beweise für die Haftung des Beklagten, einem Gesellschafter der Gesellschaft, die den YouTube-Kanal betrieb, vorlegen konnte. Die entscheidende Frage war, ob der Beklagte aufgrund seiner Position als Gesellschafter oder aufgrund seiner Beteiligung an einem Löschungsverfahren mittels einer „Counter-Notification“ für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich gemacht werden konnte.
Die Antragstellerin führte aus, dass das Video ohne ihre Zustimmung auf YouTube hochgeladen wurde, was eine klare Urheberrechtsverletzung darstelle. Der Beklagte war der Gesellschafter der Gesellschaft, die den YouTube-Kanal betrieb. Ein entscheidendes Argument war, dass der Beklagte eine „Counter-Notification“ an YouTube übermittelt hatte. Diese Maßnahme wird von Kanalbetreibern ergriffen, um gegen die Löschung von Inhalten vorzugehen, die sie für ungerechtfertigt halten.
Die Antragstellerin nahm an, dass die Abgabe der „Counter-Notification“ als ein indirektes Eingeständnis der Verantwortung des Beklagten für die Urheberrechtsverletzung gewertet werden sollte. Dies wurde damit begründet, dass es eine Beteiligung an der Verbreitung des fraglichen Inhalts impliziere.
Das Landgericht Köln wies die Klage ab. Es urteilte, dass der Beklagte nicht als passiv legitimierter Störer für die Urheberrechtsverletzung zur Verantwortung gezogen werden könne. Dies ist eine Person, die zwar nicht selbst die Urheberrechtsverletzung begangen hat, aber durch fahrlässiges oder bewusstes Ermöglichen rechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Das Gericht betonte, dass die Antragstellerin keine ausreichenden Beweise für die persönliche Verantwortung des Beklagten für das Hochladen des Videos vorlegen konnte. Allein die Gesellschafterstellung reichte nicht aus, um eine Haftung nach dem Urheberrechtsgesetz zu begründen.
Zudem stellte das Gericht klar, dass die Abgabe einer „Counter-Notification“ keine persönliche Haftung des Beklagten nach sich zieht. Der Beklagte hatte diese lediglich als Empfangsbevollmächtigter im Rahmen einer Gerichtsstandsvereinbarung mit YouTube abgegeben, ohne dass er damit seine eigene Verantwortung für die Urheberrechtsverletzung anerkannt hätte.
Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Es stellte klar, dass die bloße Gesellschafterstellung nicht automatisch eine Haftung für Urheberrechtsverletzungen begründet, die von der Gesellschaft begangen werden. Eine Haftung setzt vielmehr eine aktive Mitwirkung oder zumindest eine Kenntnis der rechtswidrigen Handlung voraus.
Ein Gesellschafter, der nicht direkt in die konkrete Verletzungshandlung eingreift, nicht für diese verantwortlich gemacht werden kann. Die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft allein reicht nicht aus, um eine Haftung zu begründen.
Das OLG Köln stellte zudem klar, dass die Abgabe einer „Counter-Notification“ keine Haftung für die ursprüngliche Urheberrechtsverletzung nach sich zieht. Sie stellt keinen Beweis für die Verantwortung des Gesellschafters bezüglich der Urheberrechtsverletzung dar. Das Gericht hob hervor, dass die Funktion einer Counter-Notification nicht missverstanden werden darf. Sie schützt die Rechte des Kanalinhabers, aber stellt keine Anerkennung der eigenen Haftung dar.
Ein wesentlicher Punkt des Urteils war die Frage, ob der Beklagte als „Störer“ für die Urheberrechtsverletzung haftbar gemacht werden kann. Das OLG Köln entschied, dass ein Gesellschafter, der sich nicht aktiv in das operative Geschäft der Gesellschaft einbringt, auch nicht als Störer haftbar gemacht werden kann. Eine Haftung als Störer setze voraus, dass der Gesellschafter durch eigenes Handeln oder eine andere kausale Handlung zur Urheberrechtsverletzung beigetragen hat.
Das Gericht stellte klar, dass eine solche Haftung nur in Betracht kommt, wenn der Gesellschafter aktiv zur rechtswidrigen Handlung des Unternehmens beigetragen hat. Ein direkten Beitrag konnte im vorliegenden Fall jedoch nicht nachgewiesen werden.
Das Urteil des OLG Köln stellt einen bedeutenden Präzedenzfall für die Haftung von Gesellschaftern in Urheberrechtsstreitigkeiten auf YouTube dar. Es verdeutlicht, dass eine Haftung von Gesellschaftern nur dann in Betracht kommt, wenn eine direkte Beteiligung des Gesellschafters an der Verletzungshandlung nachgewiesen werden kann. Auch die Abgabe einer Counter-Notification reicht für die Haftung nicht aus.