Fristlose Kündigung wettbewerblicher Unterlassungsverträge möglich

Geschrieben von: Enzo Naels

Mit Urteil vom 14. März 2025 (Az. 6 U 116/24) hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln klargestellt, dass die fristlose Kündigung eines vor 2021 geschlossenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsvertrags gemäß § 314 BGB möglich ist, wenn die Anspruchsberechtigung des Gläubigers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG entfällt. Dies sei der Fall, wenn der Verband nicht in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände (§ 8b UWG) eingetragen ist.

Sachverhalt

Ein Unternehmen hatte nach wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen in den Jahren 2015 und 2018 zwei Unterlassungsverträge mit einem Wirtschaftsverband geschlossen. Im Jahr 2022 erklärte das Unternehmen die fristlose Kündigung dieser Verträge mit der Begründung, dem Verband fehle nach Inkrafttreten der UWG-Novelle im Dezember 2021 die Anspruchsberechtigung. Diese ist seit der gesetzlichen Neufassung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG an die Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG gekoppelt – eine Eintragung, die im konkreten Fall erfolgt war.

OLG Köln

Das OLG Köln bestätigte die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung und verwies dabei auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu sog. Altunterwerfungen (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 26.09.1996 – I ZR 265/95 – Altunterwerfung I). Bei einem Unterlassungsvertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das unter den Voraussetzungen des § 314 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden kann.

Ein wichtiger Grund liegt nach Ansicht des Gerichts dann vor, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dem kündigenden Teil nicht mehr zumutbar ist. Dies sei hier der Fall gewesen, da der Gläubiger aufgrund fehlender Eintragung nicht mehr befugt sei, den in Rede stehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Damit entfalle die Grundlage für die vertragliche Unterlassungsverpflichtung, was die Kündigung nach Treu und Glauben rechtfertige.

Unzumutbarkeit der Fortsetzung und Interessenabwägung

Das Gericht stellte heraus, dass die weitere Bindung an den Vertrag für das Unternehmen unzumutbar sei. Zum einen bestehe kein berechtigtes Interesse daran, gegenüber einem nicht mehr klagebefugten Verband weiterhin Unterlassung zu versprechen und Vertragsstrafen zu riskieren. Zum anderen entstehe ein einseitiger Beobachtungsdruck, der das Unternehmen gegenüber anderen Marktteilnehmern wettbewerblich benachteilige.

Demgegenüber verneinte das OLG ein schutzwürdiges Interesse des Verbands am Fortbestand der Unterlassungsverpflichtungen. Die gesetzgeberische Zielsetzung des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – nämlich die Verhinderung missbräuchlicher Anspruchsverfolgung – würde unterlaufen, wenn nicht eingetragene Verbände weiterhin wirtschaftlich von Vertragsstrafenvereinbarungen profitieren könnten, obwohl sie keine Unterlassungsansprüche mehr durchsetzen dürfen.

Zudem sei die Fortsetzung der Verträge auch deshalb unzumutbar, weil dem Schuldner – läge ein Unterlassungstitel statt eines Unterlassungsvertrags vor – die Möglichkeit einer Vollstreckungsabwehrklage offenstünde. Ein Abwarten bis zur etwaigen Eintragung des Verbands sei nicht erforderlich. Auch bei verzögerter Eintragung aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen seien unbillige Ergebnisse im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen. 

Fazit

Die Entscheidung des OLG Köln verdeutlicht, dass bei einem Wegfall der Klagebefugnis eines Verbandes aufgrund fehlender Eintragung nach § 8b UWG ein wichtiger Grund im Sinne des § 314 BGB für die fristlose Kündigung eines wettbewerblichen Unterlassungsvertrags vorliegt. Damit stärkt das Gericht die Position betroffener Unternehmen und konkretisiert die Folgewirkungen der UWG-Reform im Hinblick auf Altverträge.

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