EuGH: Kein Widerrufsrecht bei Kilometerleasing!

Geschrieben von: Henrik Noszka

Das Widerrufsrecht macht immer wieder Schlagzeilen. Der Europäische Gerichtshof ist meistens großzügig. So erhielt ein Handwerker, der einen Vertrag im Fernabsatz, also im Geltungsbereich des Widerrufsrechtes abgeschlossen hatte, keinen Werklohn, obwohl er seine Arbeiten ordnungsgemäß aufführte (wir berichteten). Nun war der Europäische Gerichtshof allerdings zurückhaltender. Leasingnehmer, deren Verträge nicht vorsehen, dass die Leasingnehmer das geleaste Fahrzeug erwerben, haben kein Widerrufsrecht (Az. C-38/21; C-47/21; C-232/21). Damit hat der Europäische Gerichtshof im Gleichlauf mit dem Bundesgerichtshof entschieden, über dessen Entscheidung wir schon berichteten.

Was sind Kilometerleasingverträge?

"Beim Kilometerleasing wird eine bestimmte Kilometeranzahl festgelegt und im Leasingvertrag vermerkt. Standardmäßig handelt es sich dabei um eine Laufleistung von ungefähr 10.000 Kilometern im Jahr. Doch diese muss keineswegs eingehalten werden und lässt sich individuell anpassen. Dabei sind jeweils Schritte von 2.500 Kilometern oder auch 5.000 Kilometern im Jahr möglich."

Hinweis: Die andere Art des Leasings ist das Restwertleasing

Das Widerrufsrecht

2011 haben das europäische Parlament und der Rat entschieden, dass Verbraucherrechte bei außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossenen Verträge gestärkt werden. Die wesentlichste Funktion, die dieses Gesetzespaket mit sich brachte, ist das Widerrufsrecht. Grundsätzlich vierzehn Tage ab Vertragsschluss oder Erhalt der Ware hat der Verbauchende die Möglichkeit, den Vertrag zu wiederrufen. Einige Ausnahmen existieren jedoch. Sie sind in § 312 ff. Bürgerliches Gesetzbuch ("BGB") aufgeführt Das Widerrufsrecht gilt nicht für Verträge für:

  • Handgefertigte individualisierte Waren.
  • Schnell verderbliche Waren.
  • Aufgrund von Hygeniebestimmungen versiegelte Waren. 

Insgesamt behandelt der Europäische Gerichtshof die Ausnahmen aber restriktiv. Entsprechend urteile der Bundesgerichtshof, dass etwa eine Matratze kein versiegelter Hygenieartikel ist.

Die Widerrufsfrist verlängert sich aber um ein Jahr, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über seine Rechte informiert wurde.

Darüber hinaus gilt das Widerrufsrecht auch bei verschiedenen Darlehnsverträgen, weil derartige Verträge für lange Zeit Verbraucher binden.

Früher verlängerte sich bei fehlerhafter oder fehlender Belehrung des Verbrauchers bei einem Darlehnsvertrag nicht nur um ein Jahr, sondern für immer, da der Gesetzgeber für diesen Fall die Widerrufsfrist nicht bestimmt hatte (ewiges Widerrufsrecht).

Auf ein derartiges Widerrufsrecht beriefen sich die Kläger.

Kläger berufen sich auf Widerrufsrecht

Mehrere Verbraucher stritten sich mit den Banken großer Autohersteller  (BMW Bank, Volkswagen Bank und Audi Bank)  über ihre Leasingsverträge. Sie waren der Ansicht, dass ihnen jeweils ein "ewiges Widerrufsrecht" zustünde. Sie widerriefen ihre Verträge; teilweise nach mehreren Jahren und teilweise sogar, nachdem der Kredit vollständig zurückgezahlt wurde.

Die Banken wendeten ein, dass die Widerrufe rechtsmissbräuchlich seien.

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EuGH: Kein Widerrufsrecht - Verpflichtung zum Kauf entscheidend

Das höchste europäische Gericht kam zu dem Ergebnis, dass kein Widerrufsrecht bestehe in den vorgelegten Fällen. Denn das Europarecht sehe schlicht keines für derartige Fälle vor, unabhängig davon wie die Verträge sonst geschlossen seien.

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Widerrufsrecht aber bei Verträgen zur Kfz Finanzierung

Besteht allerdings nach Ablauf der Leasingperiode eine Kaufverpflichtung für den Leasingnehmer, besteht für diese ein Widerrufsrecht.

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Spiegelt sich auch im deutschen Recht

Dieses Ergebnis findet sich auch im deutschen Recht. Gemäß § 506 Abs. 1 BGB sind die Widerrufsvorschriften für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge anwendbar, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. 

Das ist nach § 506 Abs. 2 BGB der Fall, wenn vereinbart ist, dass

  1. der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist,
  2. der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder
  3. der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.

Ergebnis

Das Urteil des Europäischen Gerichtshof beendet einen langen Streit und schärft die Grenzen des Widerrufsrechts.

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