In den Wochen und Monaten vor einer Insolvenz versuchen Betroffene häufig, noch zu retten, was zu retten ist. Sie zahlen dann bestehende Darlehen zurück oder tilgen Schulden. Regelmäßig werden hierdurch die übrigen Gläubiger benachteiligt. Die Vermögensabflüsse können deshalb unter gewissen Voraussetzung vom Insolvenzverwalter zurückgeholt werden. Die juristische Grundlage dieser Zahlungsaufforderung nennt man „Insolvenzanfechtung“. In diesem Beitrag haben wir das die wichtigsten Informationen zu diesem Vorgehen für Sie zusammengefasst!
Die Grundidee der Insolvenzanfechtung ist, Gerechtigkeit herzustellen. Denn wusste der Betroffene, dass er nicht alle Gläubiger bezahlen kann, nahm er bei der Zahlung in Kauf, dass andere kein Geld bekommen (sog. „Gläubigerbenachteiligungsvorsatz“).
Folge der Insolvenzanfechtung ist ein schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch des Insolvenzverwalters gem. § 143 InsO. Das heißt, dass der Gläubiger das erhaltene Geld zurückzahlen muss.
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Voraussetzung der Insolvenzanfechtung ist eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Rechtshandlung, die die Gläubiger benachteiligt.
Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger verkürzt, vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert.
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Die Verjährungsfrist für den Anspruch aus § 143 InsO beträgt gem. § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 BGB drei Jahre. Damit hat der Insolvenzverwalter ab Entstehen des Anspruchs und seiner Kenntnis drei Jahre, um den Anfechtungsanspruch geltend zu machen.
Achtung!
Die Verjährungsfrist beginnt erst ab dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, so dass es bis zur endgültigen Verjährung häufig mehr als drei Jahre sind.
Beispiel:
Das Insolvenzverfahren wird am 10. September 2019 eröffnet. Somit beginnt die Frist am 1. Januar 2020 und endet 31. Dezember 2022 (nicht schon im September 2022).
Die Verjährungsfrist ist vom Anfechtungszeitraum ("Anfechtungsfrist") zu unterscheiden. Der Anfechtungszeitraum wird vom Insolvenzantrag zurück gerechnet. Er gibt an, welche Rechtshandlungen angefochten werden können. Maßgeblich kann hier ein Zeitraum von bis zu zehn Jahre sein (vgl. § 133 Abs. 1 InsO).
Jedoch gibt es auch Fälle, in denen die Anfechtungsfrist nur drei Monate (§ 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder ein Jahr (§ 135 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO) beträgt.
Beispiel:
Herr Müller ist Gesellschafter einer GmbH. Die GmbH nimmt Anfang 2020 bei der C-Bank ein Darlehen auf. Für dieses verbürgt sich Herr Müller in voller Höhe. Das Darlehen wird zwischen März und Juli 2020 in den vereinbarten Raten zurückgezahlt. Im Dezember 2020 wird jedoch für die GmbH ein Insolvenzantrag gestellt. Damit kann der Insolvenzverwalter den Gesellschafter Herrn Müller als Bürgen grundsätzlich auf Rückzahlung der gezahlten Raten in Anspruch nehmen, § 135 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 InsO.
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Für eine Klage sind die Zivilgerichte (und nicht die Insolvenzgerichte) zuständig.
Beispiel:
Der Rechtsweg ist zu den Arbeitsgerichten eröffnet, wenn Arbeitnehmer kurz vor Insolvenz noch Lohnzahlungen erhalten haben.
Für die meisten Betroffenen ist das Schreiben des Insolvenzverwalters erstmal ein Schock. Trotzdem sollte dringend auf die Anfechtungsschreiben reagiert werden. Ansonsten riskiert man eine Klage, die das Verfahren verteuern würde.
Dennoch sollte man nicht vorschnell selbst auf den Brief des Insolvenzverwalters antworten. Nicht selten setzt sich der Gläubiger nämlich erst durch sein eigenes Verhalten der Gefahr einer Insolvenzanfechtung aus.
Außerdem sollte nicht voreilig gezahlt werden. Denn viele Ansprüche werden ins Blaue hinein geltend gemacht, obwohl sie unbegründet sind.
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Bei weiteren Fragen zum Thema Insolvenzanfechtung, stehen wir Ihnen gerne auch persönlich zur Seite. Terminvereinbarungen können Sie während unserer Bürozeiten unter der Telefonnummer 0201-24030 oder per Email unter info@schumacherlaw.com vornehmen.
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Rechtsanwälte für Insolvenzrecht in Essen