Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich ein weiteres Mal mit dem Thema Datenschutz beschäftigt. Beachtlich sind die beiden Urteile vom 27.03.2025 vor allem im Hinblick auf die Möglichkeiten für Mitbewerber, Klage zu erheben.
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine Verordnung der Europäischen Union. Sie gilt seit 2018 unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten und regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten. Zweck der DSGVO ist es, Schutz personenbezogener Daten innerhalb der Europäischen Union sicherzustellen und auch freien Datenverkehr innerhalb des Europäischen Binnenmarktes zu gewährleisten.
Neben den selbst von Datenschutzverstößen Geschädigten können gem. Art. 80 II DSGVO auch Verbände gegen die Schädiger vorgehen. Insbesondere § 8 III Nr. 3 Gesetz gegen den unteren Wettbewerb (UWG) wie auch § 3 I S. 1 Nr. 1 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) gestehen den Verbänden diese Rechte zu.
In einem der beiden Fälle ging es um den Betreiber von Facebook in Europa, einem in Irland ansässigen Unternehmen. Konkret ging es in dem Sachverhalt um ein sogenanntes „Appzentrum“, das im Jahre 2012 auf der Website von Facebook abgerufen werden konnte. Hier konnte man „kostenlos“ Spiele spielen. In das jeweilige Spiel gelangte man über einen „Jetzt spielen“-Button.
Unter dem Button waren noch einige eher kryptische Hinweise eingeblendet: „Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen' oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine E-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen." Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“
Bei einem der angebotenen Spiele endeten die Hinweise mit dem Zusatz: „Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.“
Der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer sah in diesem Vorgehen einen datenschutzrechtlichen Verstoß. Der BGH gab dem Verband mit dieser Einschätzung recht.
Dem Verbraucherverband stehe gem. § 8 III Nr. 3 UWG und § 3 I Satz 1 Nr. 1 UKlaG ein Anspruch auf Unterlassung gegenüber dem Schädiger zu. So könne auf Verletzungen von Informationspflichten nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 c) und e) DSGVO wegen Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und gegen ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 I und II S. 1 Nr. 13 UKlaG reagiert werden.
Auch enthielten die Hinweise eine unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung gemäß § 1 UKlaG. Der BGH verwies insbesondere darauf, dass dem Verbraucherverband das Recht zustehe, im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten ein Verhalten dieser Art vorzugehen.
Auch ein weiterer Fall, in dem der BGH ein Urteil fällte, sticht hervor.
Ein Apotheker hatte via Amazon Medikamente vertrieben. Wie bei Online-Bestellungen üblich musste der Kunde seinen Namen, seine Anschrift und das Produkt, das er kaufen wollte, angeben. Bei diesem Vorgang wurden die personenbezogene Daten der Kunden erhoben - jedoch ohne Einwilligung der Kunden.
Der BGH stellte hier zunächst klar, dass auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel unter den Schutz des Art. 9 I DSGVO fallen. Dieser untersagt etwa das Verarbeiten gesundheitlicher Daten. Art. 9 II a) DSGVO relativiert diese Untersagung insofern, als die „ausdrückliche Einwilligung“ das Verarbeiten doch ermöglichen soll.
Erstaunlich an dem Urteil im Bezug auf den Apotheker war weniger der Sachverhalt als mehr der Kläger selbst. Ein Mitbewerber, ebenfalls Apotheker, hatte die Klage erhoben.. Gem. § 8 I, III UWG haben Mitbewerber bei Verstößen gegen § 3 UWG oder § 7 UWG einen Anspruch auf Unterlassung. Im vorliegenden Fall war die Frage also maßgeblich, ob sich bei einem datenschutzrechtlichen Verstoß um einen Verstoß gegen eine dieser Normen handelt. Vorher war dies stets unbeantwortet geblieben.
Der BGH kam zu dem Schluss, dass ein solcher Verstoß auch dazu führen solle, einem Mitbewerber einen Anspruch auf Unterlassung zu gewähren. Von diesem könne, so der BGH, eine wettbewerbsrechtliche Klage vor Zivilgerichten verfolgt werden. Begründet wurde diese Einschätzung damit, dass Art. 9 I DSGVO „eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG“ sei, die gem. § 8 III Nr. 1 UWG auch von Mitbewerbern verfolgt werden könne.
Angesichts der Tatsache, dass sich fast kein Verantwortliche an alle datenschutzrechtlichen Vorschriften hält, dürfte nun eine Abmahnwelle mit etwaigen Verfahren zu befürchten sein.
Das Urteil zu der Datenverarbeitung auf Facebook verdeutlicht, wie wichtig aktives Berücksichtigen des Datenschutzes in Europa und hierzulande ist. Wird dieser missachtet, sieht das in Rede stehende Unternehmen sich nicht nur mit Unterlassungsansprüchen, sondern bisweilen auch mit nennenswerten Schadensersatzforderungen konfrontiert.
Der Fall der Apotheker ist vor allem für Betriebe und Unternehmen zu beachten. Das Urteil verdeutlicht, dass Mitbewerber datenschutzwidrige Praktiken von Konkurrenten gerichtlich unterbinden können.. Es ist Vorsicht geboten!