Im Rahmen seiner Tätigkeit erlangen die Mitglieder eines Betriebsrates nicht selten sensible Informationen über das Unternehmen sowie seine Arbeitnehmer. Bestehen diese aus personenbezogenen Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), muss ein angemessener Datenschutz gewährleistet sein. Dies stellte zuletzt auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Beschluss vom 09. April 2019 klar.
Das BAG hatte sich mit der Klage des Betriebsrates eines Luft- und Raumfahrtunternehmens zu befassen. Das Unternehmen bot schwangeren Arbeitnehmerinnen seit 2015 die Möglichkeit, im Falle einer Schwangerschaft der Weitergabe dieser Information und einer entsprechenden Namensnennung an den Betriebsrat zu widersprechen. Eine Unterrichtung des Betriebsrates fand dann nicht statt.
Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, durch die Regelung in unzulässiger Weise in seiner Tätigkeit eingeschränkt zu werden. Insbesondere sei es seine Aufgabe, die Einhaltung der Vorschriften zum Mutterschutz einzuhalten. Bereits aus diesem Grunde könne der Weitergabe der entsprechenden Informationen nicht widersprochen werden.
Der Arbeitgeber weigerte sich aber weiterhin, im Falle eines Widerspruchs die entsprechenden Informationen weiterzugeben. Daraufhin erhob der Betriebsrat Klage vor den Arbeitsgerichten.
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Der Betriebsrat ist die von den Arbeitnehmern gewählte Interessenvertretung im Unternehmen. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben stehen ihm eine Vielzahl unterschiedlicher Informations- und Kontrollrechte zu.
§ 80 BetrVG
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen…
Zum einen setzt ein Unterrichtungsanspruch voraus, dass eine Aufgabe des Betriebsrates betroffen ist. Zum anderen muss die begehrte Information zur Wahrnehmung dieser Aufgabe erforderlich sein.
Eine Einwilligung etwaig betroffener Arbeitnehmer ist bei Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht erforderlich.
Dem Unterrichtungsanspruch steht nach Auffassung der Richter auch nicht entgegen, dass es sich bei den begehrten Informationen um personenbezogene Daten i.S.d. DSGVO handelt. Allerdings sind auch in der Betriebsratstätigkeit die einschlägigen Vorschriften zum Datenschutz zu beachten.
Im zu entscheidenden Fall bemängelte das BAG, dass für eine abschließende Entscheidung nicht genügend Informationen vorlagen. So hatte der Betriebsrat nicht vorgetragen, welche konkreten mutterschutzrechtlichen Vorschriften er überwachen wolle. Damit ließ sich für die Richter mangels Benennung eines konkreten Ziels nicht überprüfen, ob die begehrten Informationen für die Betriebsratstätigkeit auch tatsächlich erforderlich waren. Die Klage wurde zur weiteren Ermittlung und erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
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Jedoch ließen die Richter in ihrer Entscheidung bereits anklingen, dass eine Interessenabwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Arbeitnehmer und dem Interesse des Betriebsrates erforderlich werden dürfte.
§ 26 BDSG
(3) Abweichend von Artikel 9 DSGVO ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten… für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.
Für die Abwägung ist insbesondere maßgeblich, ob ein ausreichender Datenschutz gewährleistet wird. Hierzu müsste „der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmer angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen treffen“. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein entsprechender Anspruch überhaupt bestehen.
Damit stellt das BAG klar, dass die Unterrichtung des Betriebsrates grundsätzlich nicht von einer vorherigen Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer abhängt. Allerdings müssen entsprechende datenschutzrechtliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um sensible Daten zu schützen. Solche umfassen beispielsweise "das zuverlässige Sicherstellen des Verschlusses der Daten, die Gewähr begrenzter Zugriffsmöglichkeiten oder deren Beschränkung auf einzelne Betriebsratsmitglieder sowie die Datenlöschung nach Beendigung der Überwachungsaufgabe“.
Dabei stellten die Richter klar, dass der Betriebsrat selbst für die Gewährleistung dieses Schutzes verantwortlich ist. Hierfür spricht bereits die organisatorische Unabhängigkeit des Betriebsrates. Dass entsprechende Vorkehrungen getroffen wurden, muss der Betriebsrat zusammen mit der Geltendmachung seines Auskunftsanspruchs nachweisen.
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Die Entscheidung des BAG verdeutlicht die Wichtigkeit eines ausreichenden Datenschutzmanagements auch für die Betriebsratstätigkeit. Dementsprechend sollten die eigenen Maßnahmen zeitnah überprüft und - falls erforderlich - überarbeit bzw. ergänzt werden.
Wenn Sie Fragen rund um das Thema Datenschutz und Betriebsratstätigkeit haben, wenden Sie sich an unsere Anwälte für IT- und Datenschutzrecht oder unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht und vereinbaren einen Termin. Wir stehen Ihnen gerne und jederzeit für alle Fragen zur Verfügung. Rufen Sie uns an 0201/24030.
Schumacher | Rechtsanwälte · Notare · Steuerberater
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