"Das ist doch Betrug" - Jura Mythen

19. Juni 2021
Geschrieben von: Kristina Grohs

Nicht umsonst ist das Jura-Studium lang und schwierig.

Zahlreiche Rechtsfragen treten täglich auf und nur in wenigen Fällen lässt sich direkt eine klare Antwort darauf finden. Umso verständlicher ist es, dass Nicht-Juristen sich im Paragraphen-Dschungel schnell verloren fühlen. Dies hat aber gleichzeitig zur Folge, dass sich unzählige Mythen in Sachen Recht entwickelt haben. 

So hört man in vielerlei Zusammenhängen den (in der Regel empörten) Ausdruck "Das ist doch Betrug!". Aber wann liegt tatsächlich eine strafbare Handlung vor? Wir klären diesen Mythos auf!

Regelung im Strafgesetzbuch

In § 263 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) heißt es hierzu:

"Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Damit ein strafbarer Betrug vorliegt, müssen in objektiver und subjektiver Hinsicht also - zusätzlich zur Rechtswidrigkeit und Schuld - folgende Voraussetzungen vorliegen:

I. Objektiver Tatbestand 

    1. Täuschung über Tatsachen
    2. Durch 1. hervorgerufener Irrtum
    3. Vermögensverfügung
    4. Vermögensschaden

II. Subjektiver Tatbestand

    1. Vorsatz 
    2. Bereicherungsabsicht

Versuchsstrafbarkeit

Fehlt eins der objektiven Merkmale, kann gegebenenfalls eine Versuchsstrafbarkeit vorliegen, §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 StGB. Erforderlich ist dann, dass nach der Vorstellung des Täters alle Tatbestandsmerkmale erfüllt werden sollten und dass er zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat.

Der Täter setzt zur Begehung der Tat unmittelbar an, wenn er nach seiner Vorstellung die Schwelle zum "Jetzt geht es los" überschritten hat. 

Beispiel: Der Täter schafft eine versicherte Sachen beiseite, um demnächst bei der Versicherungsgesellschaft einen Schaden anzumelden.

"Betrug" in der Praxis

Wird im Alltag von einem "Betrug" gesprochen, liegt juristisch gesehen oft eins der erforderlichen Tatbestandsmerkmale nicht vor.

Beispiel: 

Ein:e Immobilienmakler:in gibt gegenüber Interessent:innen einen überhöhten Kaufpreis für eine Immobilie an. Wird diese dann zu diesem überhöhten Wert verkauft und offenbart sich später, dass der marktübliche Wert geringer gewesen wäre, fühlen sich die Betroffenen zwar betrogen. Aber: Wer für eine Ware oder Leistung einen bestimmten Preis verlangt, erklärt dadurch nicht konkludent, dass dieser Preis angemessen sei.

Grundsätzlich liegt dann also mangels Täuschung schon kein Betrug vor (etwas anderes kann z.B. gelten, wenn für eine Leistung Tax- oder Listenpreise vorhanden sind!). 

Rechtsfolgen bei einem Betrug

Strafrechtliche Konsequenzen

Wurde man tatsächlich betrogen, sollte zunächst Strafanzeige bei der Polizei gestellt werden. Bei

  • Geringwertigkeit (Schaden unter 25,-/50,- Euro) sowie
  • bei einer Tat, die sich gegen Angehörige, Vormünder, Betreuer oder gegen Personen richtet, mit denen der Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt,

ist zusätzlich ein Strafantrag erforderlich.

Eine Strafanzeige wird gemäß § 158 Abs. 1 StPO gegenüber den dort genannten Behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Amtsgericht) gestellt und benennt einen möglicherweise strafrechtlich relevanten Sachverhalt. Sie ist form- und fristlos möglich und kann von jedermann gestellt werden.

Ein Strafantrag hingegen muss vom Verletzten einer Straftat (§§ 77 ff. StGB) gestellt werden. Er drückt das Begehren der Verfolgung einer Straftat aus. Der Antrag muss „bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei einer anderen Behörde schriftlich“ gestellt werden, § 158 Abs. 2 StPO. Er ist gemäß § 77b StGB innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Kenntniserlangung von Tat und Täter zu stellen.

Zivilrechtliches Vorgehen

Wer Opfer eines Betruges geworden ist, kann auch zivilrechtlich gegen den Täter vorgehen. § 823 Abs. 2 BGB sieht in Verbindung mit § 263 StGB als "Schutzgesetz" vor, dass Betroffene einen Anspruch auf Schadensersatz zusteht.

Hierzu kann Klage vor dem Amtsgericht - ab einem Schaden von mehr als 5.000,00 Euro vor dem Landgericht - erhoben werden.

Schon gewusst? Dann brauche ich einen Anwalt!

Voraussetzung für eine Klage ist natürlich auch, dass man überhaupt weiß, wer einen betrogen hat. Eine Klage kann zudem wenig sinnvoll sein, wenn der Täter kein Vermögen hat, aus welchem der Schadensersatzanspruch bezahlt werden kann. Zu den Erfolgsaussichten einer Klage sollte man sich daher zuvor von einem Rechtsanwalt bzw. von einer Rechtsanwältin beraten lassen. 

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