Darf die Inflationsausgleichsprämie nach Betriebstreue und Leistung unterschiedlich ausfallen?

Geschrieben von: Benedikt Renschler

Die Inflationsausgleichsprämie (IAP) wurde als steuer- und sozialversicherungsfreie Einmalzahlung eingeführt, um die durch Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten abzumildern. Arbeitgeber hatten jedoch einen gewissen Spielraum, die Zahlung mit weiteren Bedingungen zu verknüpfen, solange diese nicht sachfremd oder diskriminierend waren. Die IAP wurde im Oktober 2022 eingeführt und galt bis Ende 2024.

Um was ging es?

Die Kernfrage, mit der sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst hatte, war, ob eine Inflationsausgleichsprämie  ausschließlich dem Zweck des Kaufkraftausgleichs diente oder ob sie mit weiteren Bedingungen, etwa Betriebstreue oder erbrachter Arbeitsleistung, verknüpft werden durfte. In dem entschiedenen Fall wurde ein Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit von der IAP ausgeschlossen. Dieser sah sich dadurch benachteiligt und leitete rechtliche Schritte ein. Während er in der vorherigen Instanz noch unterlag, beurteilte das BAG den Fall anders.

Revision erfolgreich

Das BAG stellte klar, dass dieser Ausschluss gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstieß, da es keine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung zwischen aktiv Beschäftigten und solchen in der Freistellungsphase gab.

Konkret sah das BAG im vorliegenden Fall keine „sachlichen Gründe“ für die Ungleichbehandlung, da sich diese nicht aus dem Verhältnis zwischen Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit ableiten ließ. Die Tarifparteien haben zwar einen weiten Spielraum bei der Festlegung des Leistungszwecks der IAP, dieser darf jedoch nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG verstoßen.

Entscheidend war, dass die IAP im streitgegenständlichen Tarifvertrag als Unterstützung zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise vorgesehen war. Dies sprach gegen eine an Arbeitsleistung oder Betriebstreue gebundene Zweckbestimmung. Da Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit ebenso von der Inflation betroffen sind wie aktiv Beschäftigte, gab es keinen sachlichen Grund, sie von der Zahlung auszuschließen.

Das BAG betonte, dass eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn sie sich aus dem Zweck der Leistung selbst ergibt. Da die IAP jedoch nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeit ausgestaltet war und sich auch keine anderen rechtfertigenden Kriterien ergaben, wurde der Ausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase als unzulässig eingestuft​.

Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung

Neben dem BAG-Fall gab es mehrere weitere Entscheidungen zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Arbeitgeber die IAP differenziert vergeben dürfen:

  1. ArbG Paderborn (Urt. v. 06.07.2023 – 1 Ca 54/23)

    • Hier wurde es als zulässig angesehen, die IAP nur an Arbeitnehmer zu zahlen, die auf Sonderzahlungen verzichtet hatten. Das Gericht hielt diese Gruppenbildung für sachlich gerechtfertigt.

  2. ArbG Stuttgart (Urt. v. 14.11.2023 – 3 Ca 2713/23)

    • Dieses Urteil bestätigte, dass eine IAP an die zukünftige Betriebstreue gekoppelt werden durfte.

  3. LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 14.08.2024 – 10 Sa 4/24)

    • Das Gericht entschied, dass Arbeitnehmer, die das gesamte Jahr arbeitsunfähig waren und keine Arbeitsleistung erbracht hatten, von der IAP ausgeschlossen werden konnten.

Fazit und Ausblick

Das BAG-Urteil zeigt, dass Unternehmen die IAP grundsätzlich mit bestimmten Bedingungen verknüpfen können. Allerdings müssen sie sicherstellen, dass die Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist, insbesondere wenn sie sich auf Leistung oder Betriebstreue stützt.

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