Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Zusammenhang mit betrügerischen Abrechnungen von Corona-Teststellen ein wichtiges Urteil gefällt. Der Fall zeigt exemplarisch, wie staatliche Hilfen missbraucht und dabei erhebliche Schäden verursacht werden können.
Im Zentrum des Verfahrens stand ein Angeklagter, der in Berlin mehrere Spätkaufläden und Gaststätten betrieb – und zusätzlich 18 Corona-Teststellen anmeldete. Fast alle davon liefen unter falschen Personalien. Zwischen Mai und Oktober 2021 rechnete er gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin Testleistungen ab – in vielen Fällen für Tests, die nie stattgefunden hatten. An elf Standorten wurde überhaupt nicht getestet, an sieben anderen deutlich weniger als angegeben. Insgesamt wurden rund 9,7 Millionen Euro an unberechtigten Zahlungen ausgelöst.
Der BGH sah hierin klar einen Betrug im Sinne des § 263 StGB. Bemerkenswert: Auch für tatsächlich durchgeführte Tests bestand kein Erstattungsanspruch, wenn sie unter gefälschten Angaben zur Identität der Betreiber abgerechnet wurden. Die bloße Tatsache, dass Tests durchgeführt wurden, schützte also nicht vor einer Verurteilung – denn die Auszahlung erfolgte aufgrund einer Täuschung über die wahre Identität.
Damit stellte der BGH klar: Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur bei vollständiger Transparenz und legaler Anmeldung. Wer sich durch falsche Angaben einen Zugang zum Markt verschafft, kann sich nicht auf eine „Teil-Erfüllung“ berufen.
In sechs Einzelfällen wurden die Einzel- und die Gesamtstrafe aufgehoben, da das Landgericht in der ersten Instanz widersprüchliche Angaben zur Schadenshöhe gemacht hatte. Diese Fälle betrafen überhöht abgerechnete, aber tatsächlich erbrachte Tests. Hier muss nun eine andere Strafkammer des LG Berlin neu entscheiden.
Auch die Mitangeklagte – die Schwester des Haupttäters – wurde zunächst verurteilt. Sie hatte Konten zur Verfügung gestellt, Auszahlungen organisiert und ihre Personalien zur Anmeldung von Teststellen hergegeben. Der BGH beanstandete jedoch, dass das Landgericht weder den objektiven Gehilfenbeitrag noch den erforderlichen Vorsatz ausreichend festgestellt hatte. Das Verfahren gegen sie wird ebenfalls neu verhandelt.
Das Urteil macht deutlich: Der Zugriff auf öffentliche Mittel, insbesondere in Pandemie-Zeiten, unterliegt klaren Regeln. Wer durch Täuschung Zugang erhält oder sich Leistungen erschleicht, haftet in vollem Umfang – selbst, wenn die beanspruchten Leistungen teilweise erbracht wurden. Die Entscheidung des BGH dürfte auch für ähnliche Fälle eine deutliche Signalwirkung haben.