BVerfG zur Vorbeschäftigung

17. Dezember 2018
Geschrieben von: Dominik Nowak

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich gegen die langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gestellt und festgestellt, dass auch in dem Fall, dass eine Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurück liegt, eine sachgrundlose Befristung nicht wirksam möglich ist.

Sachverhalt

Drei Arbeitnehmer hatten auf Entfristung ihrer Arbeitsverträge geklagt. Dabei machten sie geltend, dass die zuletzt vereinbarte sachgrundlose Befristung ihrer Arbeitsverhältnisse unwirksam sei, da sie gegen § 14 Abs.2 TzBfG verstoße. Gemäß § 14 Abs.2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung von Arbeitsverträgen nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes und nur bis zu zwei Jahren zulässig. Dies auch nur soweit nicht zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis (unbefristet oder befristet) mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht hatte in der Vergangenheit diese Regelung jedoch nicht so ausgelegt, dass eine erneute Befristung überhaupt nicht mehr möglich sei, wenn "irgendwann zuvor" bereits ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hatte. Tatsächlich sah das BAG einen Zeitraum von drei Jahren als "Warte- oder Unterbrechungszeit" als vollkommen ausreichend an, um dann erneut wirksam sachgrundlos befristete Arbeitsverträge abschliessen zu können.

§ 14 TzBfG

[…] (2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. […]

Das Arbeitsgericht war in der ersten Instanz der Rechtsprechung des BAG gefolgt, wonach eine erneute sachgrundlose Befristung nach Ablauf von drei Jahren wieder zulässig sei, und hatte die Entfristungsklage abgewiesen. Hiergegen erhoben die Arbeitnehmer Verfassungsbeschwerde. Sie vertraten die Ansicht, dass die Auslegung des § 14 II 2 TzBfG durch das BAG die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite und sie somit in ihren Rechten aus Art. 2 I iVm Art. 20 III GG verletze.

Art. 2 GG
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. […]

Art. 20 GG
[…] (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. […]

Grundsätzliche Vereinbarkeit mit der Verfassung

Aus dem Beschluss des BVerfG ergibt sich zunächst deutlich, dass die Regelungen zur mehrfachen sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen grundsätzlich verfassungsgemäß sind. Ein Befristungsverbot ergebe sich nur, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten bestehe, § 14 II 2 TzBfG. Der Anwendungsbereich der Norm sei aber einzuschränken, wenn eine Vorbeschäftigung beispielsweise lange zurückliege, ganz anders geartet oder nur von kurzer Dauer war (z.B. Ferienjob).

Befristung: Verfassungswidrige Auslegung

Die Annahme des BAG, eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages sei immer dann zulässig, wenn eine Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliege, überschreite jedoch die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil der Gesetzgeber sich hier erkennbar gegen eine solche Befristung entschieden hatte. Diese Grundentscheidung, welche auch in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht wurde, sei durch die Fachgerichte zu respektieren. Sie dürften es nicht übergehen und durch ein eigenes Konzept ersetzen.

Praktische Folgen

Die Folgen der Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots werden sich nun nach und nach in der Praxis zeigen. Das BVerfG gibt allerdings nachvollziehbare Beispiele, welche zeigen, wie § 14 II 2 TzBfG von den Gerichten auszulegen und anzuwenden ist: Der Anwendungsbereich von § 14 II 2 TzBfG sei dann nicht eröffnet, „wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist“. Dies ist insbesondere bei Ferien- und Studentenjobs oder auch dann der Fall, wenn eine Beschäftigung lange zurückliegt und der Betroffene sich später völlig neu orientiert.

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Schumacher | Rechtsanwälte · Notare · Steuerberater

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