Der BGH hat am 06.07.2016 (Az.: XII ZB 61/16) über Anforderungen an den Wortlaut von Patientenverfügungen entschieden. In dem Verfahren befasste sich der BGH mit der Frage, wie bindend eher allgemeine Formulierungen in Patientenverfügungen sind. Der BGH bemängelte, dass sich aus einer Patientenverfügung oft keine konkrete Behandlungsentscheidung des Patienten ableiten ließe.
Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Vorausverfügung einer Person für den Fall, dass sie ihren Willen nicht mehr (wirksam) erklären kann. Sie bezieht sich auf medizinische Maßnahmen wie ärztliche Heileingriffe und steht meist im Zusammenhang mit der Verweigerung lebensverlängernder Maßnahmen. Die Patientenverfügung bezieht sich also auf noch nicht unmittelbar bevorstehende medizinische Maßnahmen und ärztliche Eingriffe. Erklärungen, die kurz vor konkreten Operationen abgegeben werden, sind keine Patientenverfügungen.
In der betroffenen Patientenverfügung fehlte aus Sicht des BGH die erforderliche Konkretisierung des Gewünschten durch Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen und die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen.
Die Betroffene hatte 2003 und 2011 zwei wortlautidentische, mit "Patientenverfügung" betitelte Schriftstücke unterschrieben. In diesen war niedergelegt, dass unter anderem dann, wenn aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe, "lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben" sollten. An die "Patientenverfügung" angehängt war die einer ihrer drei Töchter erteilte Vorsorgevollmacht, dann an ihrer Stelle mit der behandelnden Ärztin alle erforderlichen Entscheidungen abzusprechen, ihren Willen im Sinne dieser Patientenverfügung einzubringen und in ihrem Namen Einwendungen vorzutragen, die die Ärztin berücksichtigen solle.
Außerdem hatte die Betroffene 2003 in einer notariellen Vollmacht dieser Tochter Generalvollmacht erteilt. Diese berechtigte zur Vertretung auch in Fragen der medizinischen Versorgung und Behandlung. Die Bevollmächtigte könne "in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, in eine Heilbehandlung oder in die Durchführung eines ärztlichen Eingriffs einwilligen, die Einwilligung hierzu verweigern oder zurücknehmen." Die Vollmacht enthielt zudem die Befugnis, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen zu entscheiden mit dem Zusatz, dass die Betroffene im Falle einer zum Tode führenden Erkrankung keinen Wert auf solche Maßnahmen lege, wenn feststehe, dass eine Besserung des Zustands nicht erwartet werden könne.
Der BGH entschied, dass eine Patientenverfügung möglichst genau und umfangreich verfasst sein muss. Die Aussage ein „würdevolles Sterben zu ermöglichen, wenn sich kein Therapieerfolg erreichen lässt“ reiche grundsätzlich nicht aus, da mögliche Situationen nicht ausreichend bestimmt werden und zu viel Interpretationsspielraum lassen. Diese gelte auch für die Formulierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wollen“, denn auch hier fehlt es an der hinreichenden Beschreibung der Situation und des Behandlungszustands bzw. den zu treffen Behandlungsentscheidungen.
Der BGH verlangt, dass Verfügende konkret bestimmen müssen, was sie in möglichen Lebens- und Behandlungssituation möchten und wie zu verfahren ist.
Der BGH beschränkte seine Anforderungen immerhin insoweit, dass nicht jeder mögliche Einzelfall in der Verfügung abgedeckt sein muss und erkennt richtig, dass nicht zu hohe Maßstäbe an die Bestimmtheit der Verfügung gesetzt werden dürfen. Es muss zur Konkretisierung des Gewünschten jedoch Rücksicht auf die Vielzahl ärztlicher Maßnahmen, möglicher Krankheiten oder Behandlungssituationen genommen werden.
Es empfiehlt sich also bestehende Patientenverfügungen zu kontrollieren und gegebenenfalls zu konkretisieren, um sicherzugehen, dass sowohl den Anforderungen des BGH entsprochen wird als auch die eigenen Wünsche in den erforderlichen Situationen umgesetzt werden können.
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