Beischlaf mit der Ehefrau eines Kameraden: BVerwG stärkt „Kameradschaftspflichten“ von Soldaten

Geschrieben von: Benedikt Renschler

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Entscheidung vom 22. Januar 2025 (Az. 2 WD 14.24) erneut bekräftigt, dass intime Beziehungen unter Soldatinnen und Soldaten – oder mit deren Ehepartnern – disziplinarrechtlich relevant sein können. Ein Hauptfeldwebel hatte eine Affäre mit der Ehefrau eines Kameraden. Für das BVerwG lag darin eine Verletzung der soldatischen Kameradschaftspflicht nach § 12 Soldatengesetz (SG), die eine Disziplinarmaßnahme grundsätzlich rechtfertigt. Zugleich machte das Gericht deutlich, dass nicht jede außerdienstliche Beziehung automatisch einen Pflichtenverstoß begründet.

Kameradschaft als rechtlich geschütztes Gut

Nach § 12 SG sind Soldaten verpflichtet, ihre Kameraden zu achten und zu respektieren. Diese Vorschrift zielt auf die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit militärischer Einheiten, deren Kern die gegenseitige Verlässlichkeit ist. Die Pflicht zur Kameradschaft umfasst auch das Verhalten im privaten Bereich, wenn dieses geeignet ist, das Vertrauen im Dienst zu beeinträchtigen. Gerade bei Beziehungen, die mit dem privaten Umfeld anderer Soldaten kollidieren, kann der Eindruck entstehen, dass diese Loyalität untergraben wird – mit potenziellen Auswirkungen auf das Gefüge innerhalb der Truppe.

Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos

Das BVerwG erkennt grundsätzlich die Schutzwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG an, das auch die freie Gestaltung privater Beziehungen schützt. Doch dieses Grundrecht kann für Soldatinnen und Soldaten durch spezifische dienstrechtliche Pflichten eingeschränkt werden. Dies betrifft insbesondere das Spannungsverhältnis zu dienstlicher Integrität und dem Ansehen der Bundeswehr. Sobald das private Verhalten geeignet ist, das Vertrauensverhältnis im militärischen Gefüge ernsthaft zu erschüttern, kann es auch disziplinarisch geahndet werden – selbst wenn es sich um rein private Beziehungen handelt.

Disziplinarmaßnahme: ja - Entfernung aus dem Dienst: nein

Im entschiedenen Fall hatte der Hauptfeldwebel über mehrere Monate eine Affäre mit der Ehefrau eines Kameraden. Das Truppendienstgericht hatte ihn daraufhin aus dem Dienstverhältnis entfernt. Das BVerwG sah hingegen zwar einen Pflichtenverstoß, aber auch einen sog. Verbotsirrtum: Der Soldat war sich über die dienstrechtliche Relevanz seines Verhaltens nicht ausreichend bewusst – was das Gericht mildernd berücksichtigte (§ 21 Wehrdisziplinarordnung). Letztlich blieb es bei einer herabgesetzten Disziplinarmaßnahme. Entscheidend war auch, dass der betroffene Kamerad bereits vor Bekanntwerden der Affäre von seiner Frau getrennt lebte.

Kein allgemeines „Treuegebot“ zwischen Kameraden

Kritisch ist in diesem Zusammenhang die grundsätzliche Frage, ob die Bundeswehr ein besonderes ethisches Verhalten im Privatleben einfordern darf. Rechtlich gibt es kein "Ehebruchverbot" unter Soldaten – auch das BVerwG betont, dass nicht jede intime Beziehung zwischen Kameradinnen und Kameraden (oder deren Angehörigen) eine disziplinarrechtliche Relevanz hat. Entscheidend sind stets die konkreten Umstände: Gibt es eine dienstliche Nähe? Besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis? Ist das Verhältnis bereits zerrüttet? Eine pauschale Missbilligung privater Beziehungen wäre mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Fazit: Dienstpflichten enden nicht an der Kasernentür

Das Urteil zeigt exemplarisch, wie das Disziplinarrecht der Bundeswehr in sensible Bereiche des Privatlebens eingreift – mit Blick auf dienstliche Erfordernisse. Soldatinnen und Soldaten müssen sich bewusst sein, dass auch ihr außerdienstliches Verhalten relevant sein kann, wenn es das Vertrauen und den Zusammenhalt innerhalb der Truppe gefährdet. Zugleich markiert das Urteil klare Grenzen: Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Störung des Dienstbetriebs bestehen, kann eine private Beziehung disziplinarisch geahndet werden. Die Abwägung zwischen Grundrechten und militärischer Ordnung bleibt dabei stets ein Balanceakt.

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