Markus Söder verkündete jüngst, Bayern wolle den Schritt nach Karlsruhe wagen. Das habe das bayrische Parlament beschlossen. Er meint damit, dass Bayern eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht begehrt, die darauf gerichtet ist, zu untersuchen, ob der Länderfinanzausgleich verfassungsgemäß ist. Was sich hinter den Regelungen verbirgt und wie der Fall rechtlich einzuordnen ist, erfahren Sie hier.
Der Länderfinanzausgleich existiert schon seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1955 ist er auch in der Verfassung verankert. Auch in der Kaiserzeit und in der Weimarer Republik gab es schon Vorgängermodelle. Der Ausgleich sorgt immer wieder für Streit - so wurde das Bundesverfassungsgericht schon fünf Mal von unterschiedlichen Ländern angerufen (1952, 1986, 1992, 1999 und 2006). So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Regelungen immer wieder verändert haben. Seit 2019 existiert, auch wegen einer erfolgreichen Klage Hessens, Baden-Württembergs und Bayerns, ein neues System. Nun verteilt der Bund direkt das über die Umsatzsteuer erwirtschaftete Geld um. Etwa zwei bis drei Prozent der Steuereinnahmen der Länder werden umverteilt; rund 18.5 Milliarden Euro. Größter Empfänger ist Berlin mit 3,6 Milliarden Euro. Größter Geber ist der Freistaat Bayern mit 9,9 Milliarden Euro.
Nur wenige Länder zahlen “ein”; die meisten empfangen lediglich Mittel. Baden-Württemberg zahlte 4,5 Milliarden Euro, aus Hessen flossen 3,25 Milliarden Euro, aus Hamburg 814 Millionen Euro und 107 Millionen Euro aus Rheinland-Pfalz in die Umverteilung.
Wie schon erwähnt, ist der Länderfinanzausgleich schon seit 1955 im Grundgesetz verankert. Art. 107 Abs. 2 GG gibt vor, dass der Bundestag ein Gesetz beschließen muss, “dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen [ausgleicht].” Die Verankerung im Grundgesetz führt auch dazu, dass die Regelung nur mit zwei Drittel Mehrheit im Bundestag und Bundesrat verändert oder eventuell sogar abgeschafft werden kann (sofern sie überhaupt abgeschaffen werden kann). Bayern will sich vielmehr darüber streiten, ob das Gesetz, das die Umverteilung regelt, mit Art. 107 Abs. 2 GG selbst vereinbar ist. Was “Angemesssen” im Sinne von Art. 107 Abs. 2 GG ist, ist hierbei das Stichwort. Denn der Finanzausgleich darf etwa nicht dazu führen, dass die Geberländer urplötzlich weniger Geld zur Verfügung haben als die Nehmerländer. Oder ein Staat mehr empfängt, als ihm eigentlich zusteht.
Schon gewusst? Steuerrecht 2023: Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen in der Rente
Die Regeliungen, die Bayern nun vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen will, müssen einen schwierigen Spagat schaffen. Sie müssen einerseits dem Gedanken Rechnung tragen, dass die Bundesländer solidarisch zueinander stehen müssen. Andererseits dürfen die Regelungen aber auch nicht die finanzielle Autonomie der Länder untergraben.
Schon gewusst? Finanzamt wird über (private) Online-Verkäufe informiert
Das Bundesverfassungsgericht führte dazu unter anderem aus, dass der Länderfinanzausgleich “die richtige Mitte zu finden zwischen der Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Bewahrung der Individualität der Länder auf der einen und der solidargemeinschaftlichen Mitverantwortung für die Existenz und die Eigenständigkeit der Bundesgenossen auf der anderen Seite [zu finden hat]“. Der Ausgleich müsse nur eine “ entsprechende hinreichende Annäherung ihrer Finanzkraft“ herstellen.
Schon gewusst? Wann habe ich ein "Arbeitszimmer"?
Abschaffen kann die Klage den Finanzausgleich also nicht. Dafür müsste das Grundgesetz selbst geändert werden. Sie kann aber zu einer neuen Bewertung führen, wie die Regelungen im Einzelnen ausgestaltet werden müssen. Zunächst muss aber abgewartet werden, ob Bayern die Klage überhaupt “durchzieht”. Zwar hat der Landtag sie beschlossen. Aber auch schon in der Vergangenheit drohten Vertreter des Freistaates kurz vor der Landtagswahl mit einer Klage und vollendeten ihre Drohung im Ergebnis doch nicht (obwohl damals die Regelungen ohnehin überarbeitet wurden). Eine Taktik, die auch aus anderen Staaten bekannt ist, um Wählerstimmen zu gewinnen.
Schon gewusst? Unterhalt nach der Scheidung?
Wenn Sie rechtliche Fragen jedweder Art haben, wenden Sie sich an unsere Anwälte und vereinbaren einen Termin. Wir stehen Ihnen gerne und jederzeit für alle Fragen zur Verfügung. Rufen Sie uns an 0201/24030.
Schumacher | Rechtsanwälte · Notare · Steuerberater
Ihre Anwälte in Essen