Arbeitsrecht 2022: Tätigkeitsverbot für Ungeimpften rechtswidrig

13. November 2022
Geschrieben von: Henrik Noszka

Nicht gegen jede Person, die in einem Krankenhaus tätig ist, kann ein Tätigkeitsverbot verhangen werden, wenn sie nicht gegen Corona geimpft ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf jüngst im Fall einer medizinisch-technischen Assistentin entschieden.

Der Sachverhalt

Die Stadt Duisburg hatte gegen eine Frau per Ordnungsverfügung ein Tätigkeitsverbot angeordnet. Sie sollte aufgrund fehlender Corona-Schutzimpfungen nicht mehr als medizinisch-technische Assistentin in der Verwaltung für eine Klinik arbeiten dürfen. Die Betroffene hatte als Schreibkraft bei einer Betriebsärztin gearbeitet. Patient:innenkontakt hatte sie keinen. Die Stadt stützte das Verbot auf § 20a Abs. 5 S. 3 Infektionsschutzgesetz ("IfSG"). 

Das IfSG als Rechtsgrundlage

Seit 15. März 2022 besteht nach § 20a IfSG eine Impfpflicht für Personen, die in Einrichtungen zur Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen arbeiten. Sie müssen über einen Impfnachweis oder z.B. einen Genesenennachweis verfügen.

Weiterhin besteht keine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus.

Die Regelung wurde Anfang 2022 durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform bestätigt. 

Schon gewusst? Kein Anspruch ungeimpfter Pflegekräfte auf Beschäftigung!

Stadt hat Ermessen überschritten

Das Verwaltungsgericht stufte das Tätigkeitsverbot auf die Klage der betroffenen Frau als rechtswidrig ein.

Das Tätigkeitsverbot lasse sich aus zweierlei Gründen nicht auf § 20a Abs. 5 S. 3 IfSG stützen:

Aus dem Wortlaut ergebe sich, dass ein Tätigkeitsverbot dem Schutzzweck der Infektionsbekämpfung entsprechend auf Räumlichkeiten des Betriebes beschränkt sei. Eine Tätigkeit, z.B. aus dem Homeoffice, sei hingegen nicht erfasst. Die Stadt hatte jedoch ein pauschales Tätigkeitsverbot auch für eine solche Tätigkeit ausgesprochen, so dass sie mit ihrer Entscheidung über die überhaupt möglichen Rechtsfolgen hinausgegangen sei. Zudem habe die Stadt das ihr eingeräumte Ermessen überschritten, so das Gericht. Insoweit waren insbesondere die Grundrechte der Frau aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz zu berücksichtigen.

Schon gewusst? Kein Erschwerniszuschlag für Reinigungskräfte!

Stadt hatte Ermessenserwägungen ausgetauscht

Letztlich war aber auch maßgeblich, dass die Stadt später ihre wesentlichen Ermessenserwägungen ausgetauscht hatte. Daraus ergab sich dann, dass die Frau aus Sicht der Stadt gar nicht mehr unter den ursprünglich maßgeblichen Tatbestand von § 20a Abs. 1 Nr. 1a IfSG falle. Nach Ansicht der Stadt war die Betroffene also nicht mehr im Krankenhaus tätig. Daraus folgte, dass auch kein Tätigkeitsverbot mehr angeordnet werden, welche sich auf die Tätigkeit in einem Krankenhaus bezieht.

Stattdessen stellte die Stadt im Verlauf des Verfahrens auf § 20a Abs. 1 Nr. 1h IfSG ab. Diese Norm erfasst die Tätigkeit in Arzt- bzw. Zahnarztpraxen. Doch auch insoweit stellte das Verwaltungsgericht eine Ermessensüberschreitung seitens der Stadt fest. Denn die nunmehr einschlägige Rechtsgrundlage ermögliche kein generelles Verbot für alle Tätigkeiten und Tätigkeitsorte. Selbst wenn der Arbeitsort als Praxis anzuerkennen sei, dann wäre ein Verbot nur auf diesen beschränkt. Ein Tätigkeitsverbot für die ganze Einrichtung oder etwa das Home-Office ist hingegen nicht möglich.

Schon gewusst? Corona 2022: Urlaub im Hochrisikogebiet!

Fazit

Zwar ist der § 20a IfSG verfassungsgemäß. Dennoch zeigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass nicht zugleich jede Anwendung rechtmäßig ist. 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann noch Beschwerde eingelegt werden. Über diese müsste dann das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.

Bei Schumacher finden Sie Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin in Essen!

Haben Sie weitere rechtliche Fragen? Wir stehen Ihnen gerne kompetent mit Rat und Tat zur Seite. Terminvereinbarungen können Sie während unserer Bürozeiten unter der Telefonnummer 0201-24030 vornehmen.

Ihre Kanzlei Schumacher & Partner

Ihre Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in Essen

Sie haben noch Fragen?
Wir sind für Sie da!
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne auch persönlich zur Seite. Terminvereinbarungen können Sie während unserer Bürozeiten unter der Telefonnummer 0201-24030 oder per Email unter info@schumacherlaw.com vornehmen.
Bürozeiten: Mo - Do: 08:00 – 17:00 Uhr, Fr: 08:00 – 15:00 Uhr
chevron-down linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram