Nicht gegen jede Person, die in einem Krankenhaus tätig ist, kann ein Tätigkeitsverbot verhangen werden, wenn sie nicht gegen Corona geimpft ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf jüngst im Fall einer medizinisch-technischen Assistentin entschieden.
Die Stadt Duisburg hatte gegen eine Frau per Ordnungsverfügung ein Tätigkeitsverbot angeordnet. Sie sollte aufgrund fehlender Corona-Schutzimpfungen nicht mehr als medizinisch-technische Assistentin in der Verwaltung für eine Klinik arbeiten dürfen. Die Betroffene hatte als Schreibkraft bei einer Betriebsärztin gearbeitet. Patient:innenkontakt hatte sie keinen. Die Stadt stützte das Verbot auf § 20a Abs. 5 S. 3 Infektionsschutzgesetz ("IfSG").
Seit 15. März 2022 besteht nach § 20a IfSG eine Impfpflicht für Personen, die in Einrichtungen zur Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen arbeiten. Sie müssen über einen Impfnachweis oder z.B. einen Genesenennachweis verfügen.
Weiterhin besteht keine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus.
Die Regelung wurde Anfang 2022 durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform bestätigt.
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Das Verwaltungsgericht stufte das Tätigkeitsverbot auf die Klage der betroffenen Frau als rechtswidrig ein.
Das Tätigkeitsverbot lasse sich aus zweierlei Gründen nicht auf § 20a Abs. 5 S. 3 IfSG stützen:
Aus dem Wortlaut ergebe sich, dass ein Tätigkeitsverbot dem Schutzzweck der Infektionsbekämpfung entsprechend auf Räumlichkeiten des Betriebes beschränkt sei. Eine Tätigkeit, z.B. aus dem Homeoffice, sei hingegen nicht erfasst. Die Stadt hatte jedoch ein pauschales Tätigkeitsverbot auch für eine solche Tätigkeit ausgesprochen, so dass sie mit ihrer Entscheidung über die überhaupt möglichen Rechtsfolgen hinausgegangen sei. Zudem habe die Stadt das ihr eingeräumte Ermessen überschritten, so das Gericht. Insoweit waren insbesondere die Grundrechte der Frau aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz zu berücksichtigen.
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Letztlich war aber auch maßgeblich, dass die Stadt später ihre wesentlichen Ermessenserwägungen ausgetauscht hatte. Daraus ergab sich dann, dass die Frau aus Sicht der Stadt gar nicht mehr unter den ursprünglich maßgeblichen Tatbestand von § 20a Abs. 1 Nr. 1a IfSG falle. Nach Ansicht der Stadt war die Betroffene also nicht mehr im Krankenhaus tätig. Daraus folgte, dass auch kein Tätigkeitsverbot mehr angeordnet werden, welche sich auf die Tätigkeit in einem Krankenhaus bezieht.
Stattdessen stellte die Stadt im Verlauf des Verfahrens auf § 20a Abs. 1 Nr. 1h IfSG ab. Diese Norm erfasst die Tätigkeit in Arzt- bzw. Zahnarztpraxen. Doch auch insoweit stellte das Verwaltungsgericht eine Ermessensüberschreitung seitens der Stadt fest. Denn die nunmehr einschlägige Rechtsgrundlage ermögliche kein generelles Verbot für alle Tätigkeiten und Tätigkeitsorte. Selbst wenn der Arbeitsort als Praxis anzuerkennen sei, dann wäre ein Verbot nur auf diesen beschränkt. Ein Tätigkeitsverbot für die ganze Einrichtung oder etwa das Home-Office ist hingegen nicht möglich.
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Zwar ist der § 20a IfSG verfassungsgemäß. Dennoch zeigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass nicht zugleich jede Anwendung rechtmäßig ist.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann noch Beschwerde eingelegt werden. Über diese müsste dann das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.
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