Die jahrelange Leiterin der Ermittlungen im bedeutendsten Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik, Anna Brorhilker, hat ihre Kündigung eingereicht. Ihre Unzufriedenheit, wie Wirtschaftskriminalität verfolgt wird, ist groß.
Brorhilkers Kündigung, die bisher Chefermittlerin bei der Staatsanwaltschaft Köln war, kam überraschend. Sie sagte, sie sei „überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird". Ihre Unzufriedenheit fasste sie mit dem Satz zusammen: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.".
Elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Fälle habe die Politik immernoch nicht wirklich reagiert. Etwa was bei Großbanken und an Aktienmärkten in Sachen Wirtschafts- und Finanzkriminalität passiere, bleibe oft im Dunklen. Für die Zukunft erhoffe sich mehr Personal in der Strafverfolgung und eine zentrale bundesweite Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität
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Der Cum-Ex Skandal liegt schon weit zurück, ähnliche Betrugsmodelle wirken jedoch noch immer fort. Vereinfacht gesagt bestand die Betrugsmasche darin, dass Banken und Investoren durch geschickte Finanztransaktionen Steuern in Milliardenhöhe hinterzogen haben. Es handelte sich um ein komplexes System von Aktiengeschäften, bei dem die Beteiligten sich die einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten ließen. Dadurch entstand ein großer Schaden für den Staat und die Steuerzahler.
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In 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren und Ermittlungen gegen 1.700 Beschuldigte durch die Staatsanwaltschaft Köln unter der Führung von Brorhilker, gibt es inzwischen bereits einige Verurteilung: Steueranwalt Hanno Berger, der als Cum-Ex „Architekt“ gilt wurde zu acht Jahren haft verurteilt. Auch ehemalige Mitarbeiter der Maple Bank wurden verurteilt, ebenso wie ein früherer Anwalt der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Ein wichtiger Angeklagter ist der Warburg Bankier Christian Olearius.
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Seit der Aufspaltung der Hauptabteilung durch NRW Justizminister Benjamin Limberg (Grüne) gibt es vier Abteilungen, die laut Brorhilker „hervorragende Arbeit“ leisten. Sie habe das Gefühl, „dass die Strafverfolgung wirklich in guten Händen“ sei. Oberstaatsanwalt Tim Engel wird indes neuer Chefermittler für die Cum-Ex-Steuerbetrugsfälle und damit Nachfolger von Brorhilker.
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Brorhilker wird künftig als Geschäftsführerin der privatrechtlichen Organisation „Bürgerbewegung Finanzwende“ fungieren. Dort möchte sie sich in Zukunft für den Kampf gegen Finanzkriminalität einbringen.