Abfindungen im Arbeits- und Steuerrecht

Geschrieben von: Kira Dahlmann

Soll ein Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Arbeitgebers beendet werden, geschieht dies häufig durch einen Aufhebungsvertrag. Als Ausgleich für sein Ausscheiden erhält der Arbeitnehmer in der Regel eine Abfindung. Auf Abfindungszahlungen kann ein ermäßigter Steuersatz anwendbar sein.

Beendigung durch Aufhebungsvertrag

In Deutschland herrscht Vertragsfreiheit. Arbeitgebern und Arbeitnehmern steht es demnach frei, ob und zu welchen Bedingungen sie einen Arbeitsvertrag abschließen wollen. Dieses Recht wird lediglich durch gesetzliche Vorschriften, etwa das Mindestlohngesetz, beschränkt.

Ebenso wie es Arbeitgebern und Arbeitnehmern freisteht, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, dürfen sie dieses auch beenden. Die Beendigung ist dabei einseitig durch Kündigung oder einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag möglich. Im Gegensatz zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist beim Aufhebungsvertrag kein Kündigungsgrund erforderlich, vielmehr muss der Arbeitnehmer dem Aufhebungsvertrag zustimmen. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages in der Regel eine Abfindung.

Anspruch auf Abfindung?

Ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht nicht, sondern muss jeweils vereinbart werden. Dies kann sowohl im Rahmen eines Aufhebungsvertrages geschehen, als auch bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Darüber hinaus kann eine Abfindung beispielsweise im Rahmen eines Tarifvertrages vorgesehen sein. Die Höhe der Abfindung kann frei verhandelt und vereinbart werden.

Keine Sozialabgaben für Abfindungszahlungen

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Abfindungszahlungen sozialversicherungsfrei, d.h. sie zählen nicht zum beitragspflichtigen Entgelt i.S.d. § 14 I 1 SGB IV. Von der Zahlung müssen demnach keine Beiträge zur Ren­ten-, Kran­ken-, Pfle­ge- und Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung abgeführt werden.

§ 14 SGB IV
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

Abfindungszahlung als Entschädigung

Davon zu unterscheiden ist die Berücksichtigung einer Abfindungszahlung bei der Lohnsteuer. Die steuerrechtliche Behandlung einer Zahlung richtet sich danach, weshalb die Zahlung erfolgt. In aller Regel wird einem Arbeitnehmer eine Abfindung bezahlt, da er vorzeitig und unfreiwillig das Unternehmen verlässt und dadurch Verdiensteinbußen erleidet. Abfindungen stellen demnach Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr.1 a EStG dar und unterliegen damit in voller Höhe der Einkommensteuer. Demnach sind auch für Abfindungen jedenfalls  Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag zu entrichten.

§ 24  EStG
Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch 1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind

a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c) als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;

Berechnung der Lohnsteuer

In Deutschland richtet sich der Lohnsteuerprozentsatz nach der Höhe des Jahreseinkommens. Je mehr ein Arbeitnehmer im Jahr verdient, desto höher ist auch die von ihm zu entrichtende Lohnsteuer.

Beispiel:
Herr Müller ist alleinstehend und verdient im Jahr 2019 30.000€. Gemäß dem sich aus der Tabelle ergebenden Steuersatz müsste er 18,55 % abführen, d.h. 5565€.
Verdient Herr Müller im Jahr 2019 60.000€ - also genau das doppelte- ergibt sich aus der Tabelle ein Steuersatz von 28,88%. Herr Müller müsste 17.322€ Steuern bezahlen.

Ermäßigter Steuersatz für Abfindungszahlungen

Jedoch kann der Arbeitnehmer, da es sich um eine Entschädigungszahlung handelt, die sogenannte Fünftel Regelung für sich nutzen. Bei dieser Regelung wird auf Grundlage des § 34 EStG ein ermäßigter Steuersatz angewandt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Fünftel Regelung nur dann anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen des § 24 EStG auch tatsächlich erfüllt sind. Das bedeutet, dass die Abfindung tatsächlich der Höhe nach ein Ersatz für die entgangenen Einnahmen sein muss. Von der sog. Zusammenballung von Einkünften ist in der Regel auszugehen, wenn die Abfindung den normalerweiser verbleibenden Arbeitslohn des restlichen Jahres übersteigt.

§ 34 EStG
(1) Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte..

Fünftel Regelung für Abfindungszahlungen

Zunächst wird die Abfindungssumme durch fünf geteilt. Ein Fünftel wird dann zum Jahreseinkommen hinzuaddiert, um die sich hieraus ergebende Steuer zu berechnen.

Beispiel:
Abfindungssumme 30.000€/5 = 6.000€
Jahresgehalt 30.000€+Fünftel 6.000€= 36.000€
Für die berechnete Summe von 36.000€ ergibt sich laut Tabelle ein Steuersatz von 21,10%, d.h. 7.596€.

Im Anschluss wird die Mehrbelastung zwischen der so errechnet Summe und der geringeren Steuer, die ohne die Abfindung zu bezahlen wäre, berechnet.

Beispiel:
7.596€ (von 36.000€)- 5.565€ (von 30.000€) = Mehrbelastung von 2.031€

Die sich so ergebende Mehrbelastung wird dann mal fünf genommen, um so die günstigere Besteuerung auf die gesamte Abfindung zu übertragen. Die einmalig bezahlte Abfindung ist dann mit diesem Betrag neben dem gewöhnlichen Jahreseinkommen zu versteuern.

Beispiel:
2.031€ * 5 = 10.155€
Für das Jahresgehalt von 30.000€ fallen für das Jahr 2019 Steuern i.H.v. 5565€ an. Hinzu kommen für die im Dezember bezahlte Abfindung 10.155€. Insgesamt ergibt sich so ein Betrag von 15.720€.
Im Vergleich zur vollen Berücksichtigung der Abfindung (das hieße für 2019 60.000€ und eine Steuer von 17.322,04€) spart Herr Müller so 1.602,04€.

Abfindungen und betriebliche Altersvorsorge

Arbeitnehmer können sich dazu entscheiden die Abfindung in ihre bestehende Direktversicherung oder Pensionsfond einzuzahlen. In diesen Fällen bestehen weitere steuerliche Vorteile und zwar besteht ein Wahlrecht, ob die Vervielfältigungsregelung nach § 3 Nr. 63 EStG oder die Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG angewendet wird, wobei bei Pensionsfonds nur die Steuerbefreiung möglich ist.

§ 3 Nr. 63 EStG
Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen. 2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden. 3Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen. 4Beiträge im Sinne des Satzes 1, die für Kalenderjahre nachgezahlt werden, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte und vom Arbeitgeber im Inland kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen wurde, sind steuerfrei, soweit sie 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, vervielfältigt mit der Anzahl dieser Kalenderjahre, höchstens jedoch zehn Kalenderjahre, nicht übersteigen;

Fazit

Arbeitnehmern und Arbeitgebern steht es frei, das bestehende Arbeitsverhältnis zu beenden und die Zahlung einer Abfindung zu vereinbaren. Bei der Vereinbarung einer Abfindung im Rahmen eines Abfindungsvertrages gilt es zu beachten, dass zwar keine Sozialabgaben, wohl aber Steuern anfallen. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er nicht den auf dem Papier vereinbarte Bruttobetrag erhält. Für die Versteuerung der Abfindungssumme kann der Arbeitnehmer die für ihn günstigere Fünftel Regelung anwenden.  

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