"Nicht Geimpft Stern" muss keine Volksverhetzung sein

30. Oktober 2023
Geschrieben von: Henrik Noszka

Die Vorinstanz entschied noch anders. Nun entschied das Oberlandesgericht Braunschweig, dass ein zweckentfremdeter Stern, der währen der nationalsozialistischen Untrechtsherrschaft gebraucht wurde, um jüdische Menschen auszuweisen und zu diskreditieren, nicht unbedingt den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt (Az.: 1 ORs 10/23).

Veröffentlichung auf Facebook

Ende 2020 hatte ein sogenannter "Impfgegner" auf einem Facebook-Profil einen sechseckigen gelben Stern auf hellblauem rechteckigem Hintergrund mit der Aufschrift "Nicht Geimpft" gepostet. Der Mann wollte, nach eigener Aussage, auf die durch Corona-Regeln eingeschränkte Lebenssituation hinweisen.

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Volksverhetzung

Der Tatbestand der Volksverhetzung ist in § 130 Strafgesetzbuch ("StGB") geregelt. Besonders relevant ist im Kontext des Sachverhaltes Absatz drei der Vorschrift: 

§ 130 StGB Volksverhetzung

[...]

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

§ 6 Völkerstrafgesetzbuch regelt den Tatbestand des Völkermordes. Danach ist strafbar, wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, ein Mitglied der Gruppe tötet, schwer verletzt, unfruchtbar oder andere Handlungen vollzieht, um die "Zerstörung" der Gruppe voranzubringen. 

Wir haben schon 2022 anlässlich einer amtsgerichtlichen Entscheidung zu dem Thema Stellung bezogen.

OLG Braunschweig: Verharmlosung muss sich auf konkreten Völkermord beziehen.

Das Oberlandesgericht wies auf den Wortlaut von § 130 StGB hin. Dieser erfordert, dass sich die Verharmlosung auf eine konkrete Völkermordhandlung bezieht. Allein die Verharmlosung des "unermessliche[n] Leid[es] der jüdischen Bevölkerung unter dem Nationalsozialismus" durch die Gleichsetzung "mit den Beschränkungen in der Corona Pandemie" reiche nicht aus. Denn damit werde kein Völkermordhandlung verharmlost. Mit anderen Worten: Moralisch höchst verwerflich, aber strafrechtlich nicht überzeugend.

Hinweis: Strittig ist ob nicht die Verordnung, "Judensterne" zu trage, unmittelbar zu Völkermordhandlungen führt. Diese Frage ist schwierig und kontrovers diskutiert.

Keine Aufstachelung zu Gewalt

Zudem sei der Facebook-Post nicht darauf gerichtet, den öffentlichen Frieden zu stören. Dritte sollten keine Gewalttaten oder Rechtsbrüche ausüben.

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Gerichte werden noch lange beschäftigt sein

Gerichte werden noch lange mit der Frage beschäftigt sein, ob der Einsatz derartiger "Ungeimpftsterne" den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Auch weil die Rechtsfrage voraussichtlich nicht auf nationaler Ebene geklärt werden kann: Derartige Verfahren erreichen wegen der vergleichsweise niedrigen Strafandrohung regelmäßig nur die Oberlandesgerichte.

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